Mit zwei Fahrstühlen werden sie zwischen den Etagen hin- und hergefahren, Auslauf gibt es nicht. Mit einer kurzen Unterbrechung wird das Schweinehochhaus nun seit fast 50 Jahren betrieben. Modernisiert wurde es nie, heute erinnert es von innen und außen an eine vergangene Zeit.
Doch seit Tierschützer 2013 erstmals Videoaufnahmen aus dem Inneren des Betriebs veröffentlichten, rückte die Anlage zunehmend in die öffentliche Kritik, denn die dokumentierten Zustände waren verheerend. Zahlreiche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sowie Hygienebestimmungen konnten festgestellt werden. Die Tierschützer zeigten den Betreiber mehrfach an. Die Unterstützung in der Bevölkerung ist groß, begleitet wird sie seit Jahren durch verschiedene Medien und Fernsehformate wie RTLs Sendung „Stern TV“. Erschreckend ist, dass der Betrieb zwar scheinbar regelmäßigen Kontrollen durch das Veterinäramt unterliegt. Diese zeigten bisher jedoch kaum Wirkungen. So hatte eine Kontrolle im Dezember 2017 keinen Grund zur Beanstandung gegeben, aktuelle Bilder der Tierschützer aber zeigen ein ganz anderes Bild. Mit versteckten Kameras hatten sie vor wenigen Monaten über 500 Stunden Videomaterial erstellt, welches den Alltag in der Zuchtanlage dokumentiert.
Der oft brutale Umgang mit den Tieren, auch den Ferkeln, ist erschütternd
Neben den trotz mehrmaligen Anzeigen noch immer schlechten hygienischen Zuständen, erschüttert vor allem der brutale Umgang der Mitarbeiter mit den Tieren. Sehr deutlich zu sehen ist, wie kleine Ferkel von ihnen an den Beinen gepackt und mit dem Kopf auf den Boden geschlagen werden, um sie zu töten. Diese Praxis ist weit verbreitet, um überzählige, zu schwache oder zu kleine Ferkel auszusondern. Doch stellt sie einen eindeutigen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gleich in mehreren Formen dar. Denn danach darf ein Tier ohne vernünftigen Grund gar nicht getötet werden, welcher hier ganz offensichtlich nicht vorliegt. Sollten die Umstände eine Tötung dennoch erfordern, so gibt es klare Vorschriften: Ein Tier muss betäubt und mit einem Kehlenschnitt sofort entblutet werden, um einen möglichst schmerzfreien Tod zu gewährleisten. Das Erschlagen auf dem Boden und die anschließende Entsorgung im Kadavereimer, dazu noch ohne den „Erfolg“ der Tötung überhaupt zu kontrollieren, ist schlicht Tierquälerei. Umgehend folgte daher eine weitere Strafanzeige gegen den Betreiber, die Staatsanwaltschaft ermittelt nun. Diese Ermittlungen sowie eine große Kampagne gegen das Schweinehochhaus mit dem Titel „Schweinehochaus schließen“ könnten jetzt möglicherweise endlich Auswirkungen haben.
Mehr als 650 Tierschutzaktivisten kamen zur Großdemonstration im April 2018
Im April 2018, unmittelbar nach Veröffentlichung des heimlich erstellten Bildmaterials, hatten sich mehr als 650 Tierschutzaktivisten zu einer Großdemonstration vor der Anlage versammelt und lautstark ihre Schließung gefordert. Anlässlich dieser dritten Demonstration mit hunderten Teilnehmern in nur wenigen Jahren hatten die Medien erneut ausführlich über die Kampagne berichtet. Nur kurze Zeit später ließ die Het GmbH, Betreiber des Schweinehochhauses,mitteilen, man wolle die Anlage nun von Grund auf modernisieren. Nach und nach sollen die Schweine das Hochhaus verlassen, die letzten tragenden Tiere im Herbst den Stall verlassen. Die Besamung von Sauen sei bereits gestoppt worden. Besonders die technische Ausstattung der Zuchtanlage soll erneuert werden, um den Betrieb zukunftsfähig zu gestalten. Hierzu gehört neben den alten Fahrstühlen auch die Fütterungsanlage, die ebenfalls komplett neu installiert werden soll. Außerdem sollen neue Haltungsstandards realisiert werden, die die Schweinehaltung in dem ehemaligen DDR-Betrieb insgesamt zeitgemäß und modern gestalten sollen. Ob dafür auch das bisher fehlende Brandschutzkonzept ergänzt wird, ist noch unklar. Ebenso weiß niemand, ob die Ankündigungen tatsächlich umgesetzt werden oder der Betrieb einfach aufgegeben wird.