Tierschutzfälle

Schlimmer Tierschutzfall in Brandenburg Seeburg: Veterinäramt beschlagnahmt – Tierquäler macht weiter

Bereits im Sommer 2013 berichteten wir über die katastrophale Tierhaltung von Matthias O. in Seeburg im Landkreis Havelland. Der Mann hielt Hunde in verkoteten Zwingern, die er mit Knochen fütterte. Seine Schafe waren verwahrlost, litten an Parasiten und Moderhinke. Viele konnten nur noch auf den Knien kriechen.

Schafe mit Lämmern.
Schafe und 3 Lämmer im Stall des ehem. LPG-Geländes. Foto: © Klug

Seit Mitte 2013 haben wir immer wieder diese Tierhaltung dokumentiert und mehrmals Anzeige beim Veterinäramt Nauen erstattet. Zuletzt Ende Januar 2014. Wesentliche Verbesserungen waren nicht zu bemerken. Anfang Februar teilte uns das Veterinäramt dann überraschend mit, dass sämtliche Schafe (angeblich 320 Tiere), Ziegen (angeblich 26 Tiere) und Hunde (nach unserem Kenntnisstand mindestens 6 Tiere) von Matthias O. beschlagnahmt worden seien. Dem Tierhalter wurde ein unbegrenztes Tierhalte- und Betreuungsverbot, bezogen auf alle Wirbeltiere, auferlegt.

Inzwischen hatten unsere Recherchen über diesen Mann allerdings derart grausame Straftaten ans Tageslicht gebracht, dass wir es nicht bei einem behördlichen Tierhalteverbot belassen wollten und eine umfangreiche Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Potsdam erstatteten.

Matthias O. hatte bereits in den Jahren 2002 bis 2004, als er noch in der Gegend von Hoyerswerda lebte, Probleme mit seiner Tierhaltung. Diversen Zeitungsberichten aus dieser Zeit ist zu entnehmen, dass seine Schafe regelmäßig ausbrachen, unter erbärmlichen Zuständen gehalten wurden und tagelang kein Wasser bekamen. Auch die Hobby-Pferdehaltung von O. war nicht artgerecht. Er hatte außerdem Koppeln ohne Genehmigung bewirtschaftet und Bauten illegal errichtet. Ende Juli 2004 wurde sein Bernhardiner tot im Zwinger gefunden. Es gab behördliche Auflagen und Verfahren wegen schlechter Tierhaltung.

Bereits im Winter 2012/2013 waren zahlreiche Tiere gestorben

Spätestens seit Mitte 2012 lebte Matthias O. dann in Berlin. Im Dezember brachte er seine etwa 1.000 Schafe, ein paar Ziegen und mindestens 4 Hunde in der Döberitzer Heide am Westrand von Berlin auf den Flächen der Heinz Sielmann- Stiftung unter. Ein Zeuge hat uns schockierendes Bildmaterial aus dieser Zeit zu Verfügung gestellt. Die Fotos zeigen unter anderem Berge von toten Schafen sowie zahlreiche schwerkranke und halb verhungerte Tiere. Allein im Winter 2012/2013 sollen am Tag durchschnittlich 5 Schafe gestorben sein.

Wie die hochgradigen und fortgeschrittenen Erkrankungen (z.B. Räude, Moderhinke, Augenerkrankungen) zahlreicher Tiere auf den Fotos zeigen, hat Herr O. in vielen Fällen untätig abgewartet, was nicht mit §2 unseres Tierschutzgesetzes vereinbar ist und vielen Schafen das Leben gekostet hat. Ein Tierhalter, der die Schmerzen und Leiden seiner Tiere über einen längeren Zeitraum hinweg passiv bewusst in Kauf nimmt, erfüllt den Tatbestand einer Straftat. Das Unterlassen der Hilfeleistung durch den Tierhalter reicht für eine Strafbarkeit bereits aus, da er eine Garantenpflicht für das Wohl der Tiere hat. Obwohl zahlreiche Menschen und auch das zuständige Veterinäramt von dem Leid der Tiere wussten, blieb Matthias O. unbehelligt. Im Februar 2013 wurde der Pachtvertrag in der Döberitzer Heide dann gekündigt. Offensichtlich war dem Besitzer des Geländes die katastrophale Tierhaltung dann auch zu viel geworden. Die nächste Station war dann Seeburg im Havelland, wo im Februar 2014 schließlich alle Tiere beschlagnahmt wurden. Bereits vier Tage nach dem Beschlagnahmung wurde Matthias O. jedoch bereits wieder in Seeburg auf einem von ihm gepachteten ehemaligen LPG Gelände von Zeugen dabei beobachtet, wie er einen Zaun spannte. Er war in Begleitung von vier seiner Hunde, die angeblich beschlagnahmt worden waren. Einen Tag später waren dann neun erwachsene Schafe und mehrere Lämmer auf der Fläche und Matthias O. wurde von Anwohnern täglich beim Betreuen der Tiere beobachtet.

Einige der adulten Tiere wiesen Verletzungen auf. Wie uns eine Zeugin berichtete, hatte sich kurz vor der Beschlagnahmung einer der Hunde von Matthias O. losgerissen und mehrere Schafe angegriffen. Die Verletzungen der Tiere stammten von dieser Beißattacke, also handelte es sich zweifelsfrei um seine Schafe.

Moderhinke

Es handelt sich hierbei um eine hochgradig schmerzhafte, entzündliche Klauenerkrankung bei Wiederkäuern, insbesondere bei Schafen. Werden die Tiere nicht oder nicht fachgerecht behandelt, beginnen sie vor Schmerz zunehmend zu hinken. Schreitet die Krankheit fort, entzünden sich auch die Beine, die Schafe können nicht mehr normal laufen, rutschen auf den Knien kriechend vorwärts und können am Ende nicht mehr aufstehen. Moderhinke ist hochinfektiös und kann permanent über den Boden auf bisher gesunde Tiere durch Ansteckung übertragen werden. Zur Vorbeugung gegen Moderhinke müssen unter anderem die Klauen regelmäßig ausgeschnitten und spezielle Klauenbäder durchgeführt werden. Wegen der Ansteckungsgefahr sind kranke Tiere zu isolieren und Weiden anderer Herden zu meiden. Da Moderhinke durch Nässe gefördert wird, müssen nasse Stellen vor allem in der Nähe des Stalls trockengelegt oder ausgezäunt werden.

Wir wollten wissen, wie es sein kann, dass jemand mit Tierhalteund Betreuungsverbot schon wieder mit seinen angeblich beschlagnahmten Tieren umgeht. Doch unsere Anrufe beim zuständigen Veterinäramt blieben folgenlos, E-Mails unbeantwortet. Schließlich verfassten wir eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Denn Amtstierärztinnen und Amtstierärzte müssen nach §16a Tierschutzgesetz immer handeln, wenn in ihrem Zuständigkeitsbereich Verstöße gegen das Tierschutzrecht begangen wurden. Dazu zählt auch die Nichteinhaltung eines Tierhalte- und Betreuungsverbots. Derartige Verbote werden schließlich nur dann auferlegt, wenn Menschen ihren Tieren erwiesenermaßen Schmerzen und Leiden zugefügt haben – also eine Gefahr für Tiere darstellen.

Es ist sehr bedauerlich, dass wir es im Rahmen unserer Tierschutzfälle immer wieder mit Veterinärämtern zu tun haben, die nicht konsequent handeln und in diesem Fall auch nicht dafür Sorge tragen, dass überführte Tierquäler nicht neues Tierleid verursachen. Wir hoffen nun, dass unsere Strafanzeige zu einer Anklage und Verurteilung führt. Die Chancen stehen gut, da wir umfangreiches Beweismaterial und zahlreiche Zeugen vorweisen können. Außerdem ist Matthias O. kein unbeschriebenes Blatt, da er bereits in der Vergangenheit aufgrund einer schwerwiegenden Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Unsere Ermittlungen und das Verfassen fundierter Strafanzeigen macht Mühe und kostet viel Zeit. Aber wenn die unmittelbar zuständigen Stellen wegsehen, ist dies der einzige Weg, um Tiere vor Menschen wie Matthias O. zu schützen.

Ursula Bauer

Diplom-Biologin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.