Ratgeber Tiermedizin

Zu jeder Zeit ist Zeckenzeit

Dank Klimawandel und Globalisierung ist es so weit: Noch bis vor wenigen Jahren beschränkte sich die Aktivität der Zecken vor allem auf die Frühjahrs- und Herbstmonate. Doch damit ist jetzt Schluss. Dank der steigenden Durchschnittstemperaturen und durch die zunehmende Reiseaktivität rund um den Globus sollten sich Mensch und Tier nun ganzjährig vor den Parasiten schützen, zumindest raten dies führende Parasitologen.

Ein effektiver Zeckenschutz ist die beste Prophylaxe. In jedem Fall muss der Parasit sofort entfernt werden.
Ein effektiver Zeckenschutz ist die beste Prophylaxe. In jedem Fall muss der Parasit sofort entfernt werden. Foto: aktion tier, Dr. Tina Hölscher

Zecken werden ab Umgebungstemperaturen von 7° C aktiv. Werden unsere Winter milder, verlängert sich damit die Aktivitätsphase der Lästlinge. So kann es heutzutage schon im Januar zu Zeckenbissen kommen. Verbreitet waren bei uns bis dato der gemeine Holzbock sowie die Auwaldzecke. Doch wir haben nun zudem einen Neuankömmling. Erstmals publik wurde 2018 eine neue Zeckenart namens Hyalomma, die auch tropische Krankheiten übertragen kann. Sie wurde vermutlich durch Weltenbummler in Deutschland eingeschleppt. Inwieweit sie sich hier dauerhaft etablieren kann, bleibt noch zu beobachten, aber aktueller Weise vergrößert sich damit das gruselige Spektrum der möglichen durch Zecken übertragenen Krankheiten deutlich.

Musste der Mensch bisher vornehmlich die Borreliose und die FSME fürchten, kommen nun das Krim-Kongo-Fieber und das tropische ZeckenFleckfieber hinzu. Den Hund trifft es noch härter: Neben den Borrelien kann ihm ein Zeckenbiss die Hundemalaria, eine Ehrlichiose-Erkrankung oder auch eine Anaplasmose bescheren. Die Diagnostik dieser Krankheiten ist leider nicht einfach. Je nachdem um welchen Erreger es sich handelt, können die Verlaufsformen variieren. Die Bandbreite reicht von nahezu symptomlosen Infektionen bis hin zu tödlichen Schicksalen.

Wichtig ist in jedem Fall:

Hat die Zecke sich festgebissen, muss sie so schnell wie möglich entfernt werden.

Je länger sie saugt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine der gefährlichen Zeckenkrankheiten überträgt. Über die optimale Entfernungstechnik kursieren die wildesten Gerüchte. Keinesfalls sollte die Zecke mit Klebstoff oder Öl beträufelt oder mit Kaugummi abgeklebt werden. Alle genannten Substanzen verstopfen die Kiemen des Parasiten. Hierdurch stirbt er zwar ab, allerdings spuckt er im damit einhergehenden Todeskampf alles, was er an Erregern intus hat, in seinen Wirt hinein. Am besten man entfernt die Zecke durch Drehung – egal ob nach rechts oder links – oder auch durch Zug, entweder mit bloßen Händen, einer Zeckenzange oder mit Hilfe einer speziellen Zecken-Karte, die man zwischen den Zeckenkörper und das Tier schiebt. Mittels ziehen und drehen, bringt man den Lästling dazu, den Biss zu lösen.

Gefürchtet wird immer, dass in dieser Phase der Kopf abreißt. Das ist aber alles andere als ein Beinbruch! Ab jetzt kann wenigstens kein Krankheitskeim mehr in den Körper des Wirtes gelangen. Der verbleibende Zeckenkopf wird vom Wirtskörper zwar als Fremdkörper wahrgenommen und mittels einer hässlichen Entzündung abgestoßen, das war es aber dann auch schon. Ein verbleibender Kopf ist in jedem Fall besser als eine Zecke in ihrer Gesamtheit, die nicht entfernt wird und fröhlich weiter Krankheitskeime in den Wirt spült.

Hat man es geschafft, den unerwünschten Besucher aus der Haut heraus zu lösen, ist man gut beraten, ihn nicht gleich zu entsorgen. Am besten legt man den Fang in ein Behältnis, in dem man ihn zunächst verwahrt. Treten beim Menschen oder beim Tier in den nächsten Tagen Symptome auf, die im Zusammenhang mit einer durch Zecken übertragenen Erkrankung stehen könnten, hat man – sofern man die Zecke noch hat – die Möglichkeit, das Spinnentier an ein Labor zu senden und untersuchen zu lassen. So bekommt man Gewissheit, ob der Parasit überhaupt Träger einer Zeckenkrankheit war. Hat man die Zecke nicht mehr zur Hand, muss oft lediglich auf Verdacht hin wochenlang hochdosiert mit Antibiotika behandelt werden, ohne dass man überhaupt weiß, ob man therapeutisch damit in die richtige Richtung schießt.

Wird ein Mensch Opfer des Zeckenbisses, sollte nach Entfernung der Zecke die Bissstelle mit einem wasserfesten Stift in einem Radius von etwa 4 cm umrandet werden. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um einen Trick, die gefürchtete Wanderröte im Zusammenhang mit der Borreliose-Erkrankung zu identifizieren. Rund um die Einstichstelle wird es immer eine Rötung geben, die sich zunächst innerhalb des Kreises befindet. Wandert die Rötung allerdings außerhalb der Markierung, ist die Gefahr groß, dass die Zecke Borrelienträger war. Bleibt die Rotfärbung innerhalb, stehen die Chancen besser, dass der Wirt nicht mit Borreliose infiziert wurde. Aufgrund des Fells ist eine Markierung und die damit verbundene Ablesung beim Tier nicht möglich, ohne es zu scheren.

Gegen einzelne Erkrankungen können sich Mensch und Tier durch Impfungen schützen. Das gilt zum Beispiel für die FSME beim Menschen und zumindest partiell für die Borreliose beim Hund. Doch da es eben eine Vielzahl weiterer Erkrankungen gibt, gegen die kein wirksamer Impfstoff zugelassen ist, muss die Prophylaxe gegen durch Zecken übertragene Krankheiten einen Schritt früher ansetzen.Gegen einzelne Erkrankungen können sich Mensch und Tier durch Impfungen schützen. Das gilt zum Beispiel für die FSME beim Menschen und zumindest partiell für die Borreliose beim Hund. Doch da es eben eine Vielzahl weiterer Erkrankungen gibt, gegen die kein wirksamer Impfstoff zugelassen ist, muss die Prophylaxe gegen durch Zecken übertragene Krankheiten einen Schritt früher ansetzen.

Halsband gegen Zecken.
Halsband gegen Zecken. Foto: Alexandra Pfitzmann

Der Mensch kann sich fast nur durch lange Kleidung schützen – beim Tier stehen uns bessere Abwehrmechanismen zur Verfügung. Hausmittel wie Kokosöl oder auch Bernsteinketten helfen nur ungenügend bis gar nicht, vor allem wenn die Tiere auch noch etwas längeres Fell haben, an dem sich Zecken gut festhalten können. Beim Tierarzt oder in der Apotheke sind Tabletten, Halsbänder und sogenannte Spot on-Präparate erhältlich, die Zecken fernhalten oder abtöten. Welches Präparat konkret zum Einsatz kommt, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. Im besten Fall greift der Tierhalter zu einem Wirkstoff, der repellierende Eigenschaften hat. Das bedeutet, dass die Zecke durch das Präparat auf Abstand gehalten wird und gar nicht erst an das Tier heran kommt. Leider gibt es Derartiges nur für Vierbeiner – dem Menschen bleibt nur, seinen Körper nach Aufenthalten in Zeckengebieten gründlich abzusuchen.

Fazit:

Zecken übertragen gefährliche Krankheiten, das gilt für Mensch und Tier. Daher ist die wirksamste Prophylaxe ein effektiver Zeckenschutz. Beißt doch mal eine, sollte der Parasit sofort entfernt werden, auch auf die Gefahr hin, dass der Kopf stecken bleibt. Die Zecke sollte im Anschluss aufbewahrt werden. Bei Bedarf kann man den Lästling im Labor auf Zeckenkrankheiten untersuchen lassen und bekommt so Gewissheit, ob man sich selbst oder der vierbeinige Liebling eine Zeckenkrankheit eingefangen haben könnte.

Die Fälle von Borreliose Erkrankungen sind im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen.

Sicherlich hängt das auch damit zusammen, dass aufgrund der Corona bedingten Einschränkungen sehr viel mehr Menschen ihre Freizeitaktivitäten nach draußen verlagert haben. Mehr Waldbesuche ergeben dann auch mehr mögliche Kontakte mit Zecken. Als Beispiel nennen wir die Fallzahlen in Berlin. 2017 und 2018 lag die Anzahl der Fälle unter 800, 2019 gab es insgesamt 851 Fälle, 2020 waren es 959 und 2021 994 Fälle.

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.