Ratgeber Tiermedizin

Bedrohliche Krankheitserreger – die Zecke

Nicht nur für unsere Vierbeiner stellen die Spinnentiere eine Bedrohung dar. Auch für Menschen kann ein Zeckenbiss ernsthafte Folgen haben. Umfragen ergaben, dass jeder dritte Hundehalter in einem Zeitraum von drei Jahren mindestens eine, oft sogar mehrere Zecken an sich selbst entdeckt hat. Und das, wo jede fünfte Zecke Träger von höchst bedrohlichen Krankheitserregern ist!

Katze mit Zecke. Foto: Dr. med. vet. Tina Hölscher

Das Gemeine am Zeckenbiss: Der Speichel der Zecke enthält ein Betäubungsmittel. Daher bemerkt der Betroffene den Einbiss so gut wie gar nicht. Die Zecke kann sich in aller Gemütsruhe festsaugen und genüsslich Blut tanken. Nur der Form halber: Streng genommen handelt es sich nicht um einen Biss, sondern um einen Stich, denn die Zecke schiebt ihren Stechrüssel tief in die Haut vor und verschafft sich somit Eintritt zum Körper des Wirtes. Dort verankert sie sich und beginnt mit ihrer Mahlzeit.

Manchmal entdeckt der Mensch durch die knubbelige Stelle an seinem Körper, dass da etwas ist, was dort eigentlich nicht hingehört. Oft aber lässt die Zecke nach der Mahlzeit einfach wieder los, und der Betroffene bekommt von seinem scheußlichen Gast gar nichts mit. Denn Zecken bevorzugen Körperstellen, die nicht gut einzusehen sind. Sie mögen besonders dünnhäutige, eher feuchte und gut durchblutete Körperregionen. Dazu gehören der Bereich unter den Achseln, die Kniekehlen, Po-Falten und dergleichen.

Mit Zeckenbissen ist nicht zu spaßen.

Jede einzelne Zecke kann Krankheiten übertragen, unter denen der Erkrankte sein ganzes Leben lang leiden kann. Beim Stich nimmt sie nämlich nicht nur Blut auf, sondern sondert mit ihrem Speichel auch Sekrete ab, die sie selbst in sich trägt. Wenn sie zuvor bei einem erkrankten Wirt gesaugt hat, überträgt sie die Krankheitserreger beim nächsten Stich ihrem Folgewirt.

Doch wovor genau muss sich der Mensch eigentlich fürchten?

Die mit Abstand häufigste übertragene Krankheit hierzulande ist die Borreliose. In manchen Regionen Deutschlands sind 35% der Zecken Träger von Borrelien, also dem Auslöser der Borreliose. Dahingegen beherbergt nur maximal jedes zwanzigste Exemplar Viren, die die FSME, also die Frühsommer-Meningoenzephalitis, auslösen. Diese Erkrankung tritt damit weniger häufig auf, aufgrund ihrer Ernsthaftigkeit sollte aber auch sie unbedingt bekämpft werden. Auffällig ist, dass sich die FSME momentan ausbreitet. Bisher galt nur Süddeutschland als Hochrisikogebiet, doch in der Zwischenzeit sind auch nördliche Gefilde betroffen. Neben der Borreliose und der FSME gibt es allerdings sage und schreibe etwa 50 weitere Krankheiten, die durch die Lästlinge auf den Menschen übertragen werden können. So zum Beispiel die Babesiose, eine Malaria ähnliche Erkrankung, die Ehrlichiose oder auch das Fleckfieber, die so genannte Rickettsiose.

Die Hochphase der Zeckenzeit beginnt im Frühjahr. Steigen die Temperaturen auf 10°C und mehr, kriechen die Tierchen aus ihren Winterquartieren. Bis in den Herbst hinein sind sie eifrig auf der Suche nach möglichen Opfern. In diesem Zeitraum heißt es also „Obacht geben!“. Sinkt das Thermometer im Oktober, ziehen sich die Parasiten wieder zurück.

Doch was tun, wenn der Biss bereits erfolgt ist?

In jedem Fall sollte die Zecke so schnell wie möglich entfernt werden. Dies kann mit dafür vorgesehenen Kärtchen oder Zangen erfolgen. Geübte Personen benötigen dafür keine Hilfsmittel, sondern benutzen schlicht ihre Finger. Die Zecke wird gefasst und mit einer Drehbewegung, ohne dabei zu viel Zug auszuüben, herausgeschraubt. Die Drehrichtung ist dabei gleichgültig. Keinesfalls sollte sie vorher – wie in manchen Foren beschrieben – mit Klebstoff oder Öl beträufelt werden. Macht man dies, stirbt die Zecke zwar ab, da sie über Kiemen atmet und nun keine Luft mehr bekommt, allerdings spuckt sie im Todeskampf nochmal alles in den Körper des Wirtes, was sie an möglichen Erregern in sich trägt. Damit steigt die Gefahr enorm, sich mit Krankheiten zu infizieren. Also nicht zögern, raus mit dem Ding, aber möglichst fachgerecht. Den Parasiten bewahrt man zunächst auf. Im konkreten Verdachtsfall kann man ihn gegebenenfalls untersuchen lassen, um zu überprüfen, ob er Träger von Krankheitserregern war.

Die Einstichstelle sollte genau beobachtet werden!

Im nächsten Schritt ist es ratsam, den Zeckenbiss mit einem wasserfesten Stift einzuzeichnen. Warum, wird sich manch einer fragen? Ganz einfach: Ein sicheres Anzeichen für das Vorliegen einer Borreliose ist das Auftreten der Wanderröte. Darunter versteht man eine rötliche Verfärbung der Haut rund um die Einstichstelle. Diese verbleibt aber nicht dort, sondern wandert, wie der Name schon sagt, in eine beliebige Richtung. Habe ich den Einstich vorher deutlich markiert und befindet sich der rote Fleck nach einigen Tagen außerhalb der Markierung, herrscht Alarmstufe rot! Eine Borreliose-Erkrankung ist sehr wahrscheinlich. Nun wird die aufbewahrte Zecke auf Borrelien untersucht, und der Arzt muss im positiven Fall hochdosiert Antibiotika über mehrere Wochen verordnen. Nur so kann Schlimmeres verhindert werden. Übersieht man in dieser Phase die Infektion, kann dies lebenslange rheumaähnliche Schmerzen zur Folge haben.

Ganz anders die Symptomatik der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). In der Regel treten hier zunächst Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen auf. In einer zweiten Phase der Erkrankung kann es zu der gefährlichen Hirnhautentzündung kommen, die im schlimmsten Fall zu bleibenden Schäden führt, sehr selten auch zum Tod führen kann. Die gute Nachricht in diesem Zusammenhang: Gegen FSME kann man sich impfen lassen. Personen in Süddeutschland, die sich gerne im Freien aufhalten, sollten darüber zumindest nachdenken.

Der beste Schutz ist die Vermeidung eines Bisses.

In gefährdeten Gebieten sollte lange Kleidung getragen werden. Auch wenn es seltsam aussieht: Zieht man die Socken über die Hosenbeine, bietet das einen recht guten mechanischen Schutz. Nach Aufenthalten im Gras oder Unterholz ist es empfehlenswert, den Körper gründlich abzusuchen. Insektenabweisende Mittel mögen auch Zecken nicht. Sie bieten zwar keine Garantie, nicht doch gestochen zu werden, verringern aber die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert.

Schützen Sie vor allem Ihr Haustier vor Zecken!

Ansonsten riskieren Sie, dass die Vierbeiner die Parasiten mit nach Hause schleppen. Bevor Zecken stechen, wandern sie mehrere Stunden auf ihrem potenziellen Wirt umher, um eine geeignete Stelle für den Stich zu finden. Findet in diesem Zeitraum eine Schmuseeinheit zwischen Haustier und Mensch statt, wechselt der unliebsame Gast vom Vier- auf den Zweibeiner und saugt sich dort fest. Daher ist eine sorgfältige Zeckenprophylaxe beim Haustier nicht nur Tier-, sondern vor allem auch Menschenschutz!

Dr. med. vet. Tina Hölscher

Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.