Corona: Auswirkungen auf die Tierwelt – Die Pandemie, die uns in Atem hält

Ein Ende der Corona-Krise ist noch nicht abzusehen. Doch schon heute ist klar: Das Ausmaß der Folgen ist so verheerend, dass kaum jemand davon verschont bleiben wird. Die Pandemie hat allein bis Mitte des Jahres weltweit rund eine halbe Million Todesopfer gefordert. Die wirtschaftlichen Folgen können noch nicht beziffert werden. Viele Menschen leiden unter Arbeitslosigkeit und Rezession. Doch nicht nur wir Menschen spüren die Folgen der Katastrophe, auch die Tierwelt bleibt nicht unberührt.

Tiertransport
Teilweise müssen einige Tiertransporte große Umwege zum Schlachthof fahren (da einige Schlachtbetriebe geschlossen haben). Foto: Jan Peifer

Einige Wildtiere profitieren vom Herunterfahren der Wirtschaft, der Einstellung von Flug- und Schiffsverkehr. So sorgten etwa die Bilder von klaren, fischreichen Gewässern in den Lagunen von Venedig für Freude bei vielen Naturfreunden. Neugierige Delfine wagten sich unbehelligt bis an die Kaimauern vor, andernorts freuten sich Schildkröten über menschenleere Strände. Der verordnete Stillstand tat der Natur gut. Doch für domestizierte Tiere, die in menschlicher Obhut oder anderweitig abhängig von den Menschen sind, sieht es oft anders aus. Die auf einmal menschenleeren Straßenzüge sorgten auch in Großstädten für skurrile Bilder, wenn sie etwa zum Streifgebiet für Wildschweinrotten auf der Suche nach Nahrung wurden. Andere Zivilisationsnachfolger wie Stadttauben fanden plötzlich nichts mehr zu fressen, sie mussten durch Freiwillige oder Ordnungsämter gefüttert werden – oder verhungerten. Auch für Zootiere wurde es gefährlich. Denn durch ausbleibende Besucher stand in manchen Zoos der Unterhalt der Tiere auf dem Spiel. Einige Tierparks sahen sich sogar gezwungen, Schlachtpläne zu erstellen, um schlimmstenfalls Tiere nach und nach aneinander zu verfüttern.

Auch das Virus selbst ist für manche Tiere gefährlich.

Zum Beispiel können sich Katzen oder Frettchen, seltener auch Hunde, anstecken und das Virus auch weitergeben. Solche Ansteckungsfälle müssen den Veterinärämtern gemeldet werden. Daher meldeten weltweit viele Tierheime einen Anstieg von abgegebenen Tieren, vor allem Katzen. Gleichzeitig brachen den Tierheimen durch den Ausfall sämtlicher Veranstaltungen viele Einnahmen weg, etwa Spenden, die auf Festen und Flohmärkten gesammelt werden. Auch der Einsatz freiwilliger Helfer wurde durch Kontaktverbote stark eingeschränkt.

Für besonderes Augenmerk sorgten auch bei uns die gehäuften Infektionen im Umfeld von Schlachtbetrieben: Vor allem mangelnde Hygiene und oft katastrophale Arbeitsbedingungen erhöhen die Infektionsgefahr. In anderen Ländern wie den USA und Kanada mussten deshalb große Schlachtbetriebe vorsorglich schließen. Landwirte konnten hunderttausende Schweine nicht mehr schlachten und verarbeiten lassen, sie mussten die Tiere töten und verbrennen.

Für großes Aufsehen sorgte nach dem Abflachen der ersten Welle in Deutschland ein erneuter Ausbruch des Virus unter den Arbeitern im Tönnies-Schlachthof Rheda-Wiedenbrück.

Innerhalb kürzester Zeit stieg die Zahl der Infizierten exponentiell an, sodass die aufgehobene Quarantäneverordnung für den Landkreis wieder in Kraft gesetzt werden musste. Der Betrieb ist Europas größtes Schlachthaus: Bis zu 25.000 Schweine werden hier jeden Tag geschlachtet. Der Corona-Ausbruch und der verantwortungslose Umgang damit durch die Geschäftsleitung zeigt, dass auch Menschen unter den Produktionsbedingungen leiden. Die Bundesregierung hat hier bereits reagiert. Ab dem kommenden Jahr sind Werksverträge in deutschen Schlachtbetrieben nicht mehr erlaubt, nur noch eigene Angestellte dürfen in den Schlachthäusern arbeiten. Zudem sind die Auflagen für Verstöße teilweise verdoppelt worden. Ob die Chance aber genutzt wird, auch in den Schlachtbetrieb einzugreifen und wenigstens das Ausmaß des Tierleids zu verhindern, ist unwahrscheinlich. Immerhin ist auch das eine Folge von Corona: große Negativ-Schlagzeilen für den Mega-Schlachthof.

Nicht nur Frettchen, auch Nerze können sich mit dem Virus infizieren und dann auch Menschen anstecken. Weil genau dies zunächst auf einer niederländischen Pelztierfarm geschah, mussten mindestens acht Zuchtfarmen ihren gesamten Tierbestand töten. Nachdem das Virus auf insgesamt 17 Pelzfarmen ausgebrochen war, hat das niederländische Parlament einen vorzeitigen Ausstieg aus der Pelztierzucht beschlossen. Statt 2024 werden nun alle Farmen schon dieses Jahr geschlossen. Pelztierfarmen gibt es in Deutschland nicht mehr.

Jan Peifer