Bellen gehört zum natürlichen Kommunikationsrepertoire eines Hundes. Jeder Hund hat fünf angeborene Bell-Arten. Hinzu kommt nicht selten das individuell erlernte Bellen als sechste Bell-Art. Um die verschiedenen Bell-Arten zu unterscheiden, reicht es in der Regel nicht aus, den Hund ausschließlich zu hören. Für die korrekte Zuordnung des Bellens ist es ausschlaggebend, auch die Körpersprache und das Bewegungsmuster des Hundes zu betrachten.
„Hunde-Mythen aufgeklärt“ – Hunde, die bellen, beißen nicht!
Der Mythos „Hunde, die bellen, beißen nicht“ ist ein oft zitierter. Doch wie steht es um den Wahrheitsgehalt, wenn man ihn wörtlich betrachtet? Ist ein bellender Hund tatsächlich ungefährlich, oder könnte er jederzeit zubeißen? Und was kann ich als Hundehalter tun, wenn mein Hund einfach ständig und überall bellt?

1. Freudenbellen (oder auch Erwartung – bzw. Erregungsbellen genannt)
Diese Art des Bellens hören wir, wenn der Hund sich freut oder in hoher freudiger Erregung ist. Das typischste Beispiel für dieses Bellen ist wohl die Heimkehr eines geliebten Familienmitglieds. Beim Freudenbellen bellt der Hund in einer hohen Tonlage. Die Frequenz des Bellens ist eher hoch und meistens sehr rhythmisch. Manchmal wird dem Freudenbellen ein Winseln mit beigefügt. Während des Freudenbellens ist der Hund im Bewegungsmuster aktiv. Er wirkt unruhig, springt gerne hoch, läuft hin und her und fängt bei einem sehr hohen Erregungslevel auch schon mal, sich um die eigene Achse zu drehen.
2. Angstbellen
Das Angstbellen ist dem Freudenbellen sehr ähnlich und für ein ungeschultes Ohr sind die beiden Bell-Arten schnell zu verwechseln. Der Klang des Angstbellens ist mit dem des Freudenbellens vergleichbar, erfolgt jedoch in noch höherer Frequenz. Beim Angstbellen hört man bei den meisten Hunden eine langanhaltende Sequenz sehr kurz aufeinanderfolgender Belllaute. Häufig wird das Angstbellen mit Jaulen verbunden.
Wie auch beim Freudenbellen ist der Hund beim Angstbellen körperlich aktiv. Der Hund wirkt unsicher, tigert eventuell hin und her oder sucht nach einem geeigneten Versteckt. Das Bewegungsmuster ist beim Angstbellen auf den negativen Stress zurückzuführen. Manchmal versucht der Hund diesen durch Lecken an Gegenständen oder an sich selbst wieder abzubauen.
3. Warnbellen
Das Warnbellen setzt der Hund dann ein, wenn er ein anderes Lebewesen warnen möchte. Meistens bezieht sich dies auf einen Artgenossen oder auf einen Menschen. Das Warnbellen wird häufig gezeigt, wenn sich jemand Fremdes dem Territorium des Hundes nähert. Beim Warnbellen hören wir
4. Verteidigungsbellen
Das Verteidigungsbellen wird auch Bewachungsbellen genannt, da der Hund dieses Bellen immer dann zeigt, wenn er gerade etwas bewachen möchte. Hier kann er sowohl sich selbst bewachen wollen als auch eine ihm wichtige Ressource. Diese Art von Bellen zeigt noch kein gesteigertes Aggressionspotenzial, sondern findet sich im Bellrepertoire eines jeden Hundes.
Hören tun wir beim Verteidigungsbellen ein drohendes Knurren gepaart mit kurzen Belllauten. Als Bewegungsmuster können wir kurze, ruckartige und schnelle Bewegungen nach vorne sehen.
5. Frustrationsbellen
Das Frustrationsbellen, welches auch Langzeit-Stress-Bellen genannt wird, hören wir vor allem bei Hunden, die allein zuhause sind und dies nicht entspannt können. Durch die Einsamkeit und den Trennungsstress sind diese Hunde durchgehend frustriert und äußern dies durch diese Form des Bellens. Das Frustrationsbellen klingt eher eintönig und ist geprägt von sich ständig wiederholenden Bell-Lauten. Nicht selten wird das Frustrationsbellen durch ein Heulen begleitet. Während des Frustrationsbellens sitzen oder stehen die meisten Hunde. Das Sitzen oder Stehen wird gerne durch sogenannte Stereotypien unterbrochen. Der Hund zeigt also immer und immer wieder den gleichen Bewegungsablauf. Etwas, was man auch bei vielen Zootieren beobachten kann.
6. Erlerntes Bellen
Erlerntes Bellen ist, wie der Name bereits verrät, keine angeborene Bell-Art. Der Hund hat sie in der Regel im Zusammenleben mit dem Menschen erlernt. Nicht selten kommt es dazu, weil der Mensch das Bellen in bestimmten Situationen belohnt hat. Dies muss keinesfalls bewusst stattgefunden haben, sondern kann eine ganz unbewusste Reaktion auf das Bellen des Hundes gewesen sein. Bereits ein Anschauen oder Ansprechen kann dafür gesorgt haben, dass der Hund das Bellen in der Situation als lohnend abgespeichert hat und auch zukünftig zeigen wird. Beim erlernten Bellen hören wir nach drei bis vier Belltönen eine kurze Pause. Meistens wird diese von einem erwartungsvollen Blick zum Menschen begleitet.
Hunde kommunizieren auf vielfältige Weise und Bellen ist nur ein Teil ihres Repertoires. Das Verhalten eines bellenden Hundes ist daher individuell und kontextabhängig.
Ein bellender Hund versucht oft, eine Botschaft zu übermitteln: sei es eine Warnung, eine Bitte um Abstand oder ein Ausdruck von Unsicherheit und Stress. Es ist daher wichtig, nicht nur auf das Bellen an sich zu achten, sondern die gesamte Körpersprache des Hundes zu betrachten. Zeichen wie ein steifer Körper, gefletschte Zähne oder ein fixierender Blick sollten ernst genommen werden, da sie auf eine potenzielle Gefahr hinweisen können.
Hunde, die bellen, können unter Umständen also durchaus beißen – besonders, wenn ihre Warnsignale ignoriert werden.
Bellen gehört genauso wie das Knurren zu den am häufigsten verbotenen Kommunikationsmitteln unserer Hunde. Dies liegt nicht selten daran, dass Menschen sowohl Knurren als auch Bellen zum Aggressionsverhalten unserer Vierbeiner zählen. Da dieses in den seltensten Fällen gewünscht ist, wird bereits der Ansatz verboten und im ungünstigsten Fall bestraft. Doch wie bei allen Verhaltensweisen, die in unseren Augen unerwünscht sind, macht es auch beim Bellen Sinn, einmal zu schauen, wo die Ursache liegt. Einem Hund, der unter ständiger Anspannung steht und dies durch Bellen zum Ausdruck bringt, ist mit einem Bellverbot nicht geholfen. Viel eher sollte geschaut werden, wie man dem Hund die Anspannung nehmen kann. Ein Hund, der beim Alleinsein stundenlang bellt, jault und winselt, bringt dadurch seinen Trennungsstress zum Ausdruck und benötigt ein gezieltes Training, um diesen zu bewältigen.
Um mit einem gezielten Training zu starten, sollte also klar sein: WARUM bellt der Hund denn?
Ist die Ursache gefunden, kann mit dem Training begonnen werden. Damit das Training nicht nur erfolgreich, sondern auch fair für den Hund ist, sollte es auf der Anwendung positiver Trainingsmethoden basieren.
Alternatives Verhalten aufbauen:
Anstatt das Bellen einfach und direkt zu verbieten, wird dem Hund ein alternatives Verhalten beigebracht. Ein geeignetes Beispiel für diese Herangehensweise wäre das Klingeln an der Tür. Durch Training soll der Hund also lernen, sich beim Ertönen der Türklingel zum Beispiel auf seinen Platz zu legen, statt an die Tür zu rennen und zu bellen. Damit dies funktioniert und man als Mensch auch anfänglich in der Lage ist, das Training allein durchzuführen, sollte das Türklingeln einmal mit dem Handy aufgenommen werden. So kann das Hörzeichen immer wieder abgespielt werden und mit der gewünschten Handlung verknüpft werden.
Spielen Sie also die aufgenommene Klingel auf Ihrem Handy ab und begleiten Sie Ihren Hund sofort danach zu seinem Platz. Dort lassen Sie Ihren Hund sich ablegen und belohnen ihn mit einem Keks. In dieser Situation ist es ratsam, den Keks nicht aus der Hand zu füttern, sondern dem Hund zwischen die Vorderbeine zu legen. So minimieren Sie die Gefahr, dass Ihr Hund Ihnen aufgrund der freudigen Erwartung des Kekses von oben, immer wieder entgegenkommt und dabei aufsteht. Erwartet er nach einigen Durchgängen den Keks zwischen seinen Vorderbeinen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ruhig liegenbleibt, bedeutend höher.
Hat Ihr Hund bereits verstanden, was nach dem Klingeln von ihm erwartet wird, begleiten Sie ihn nicht mehr bis zum Platz. Spielen Sie stattdessen das Klingeln auf Ihrem Handy ab und schicken Sie Ihren Hund mit einer „wegweisenden“ Handbewegung zu seinem Platz. Ist er dort angekommen und hat sich abgelegt, gehen Sie zu ihm und belohnen ihn wieder mit einem Keks zwischen seinen Vorderbeinen. Zeigt Ihr Hund nach einigen Trainingseinheiten auch dieses Verhalten zuverlässig, ist es an der Zeit, sich Hilfe für das weitere Training an die Seite zu holen. Fragen Sie Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn, ob sie beim Training behilflich sein können. Statt das Türklingeln nun mit dem Handy abzuspielen, lassen Sie Ihre Hilfsperson an der Tür klingeln. Sobald die Klingel ertönt, verfahren Sie wir im Trainingsschritt davor. Sollte Ihr Hund bei der Türklingel sehr aufgeregt sein, gehen Sie kleinschrittig vor und geizen Sie während des Trainings nicht mit Belohnungen.
Gegenkonditionierung und Desensibilisierung
Diese Methoden sind dann die richtigen, wenn Ihr Hund auf bestimmteReize, wie beispielsweise Fahrradfahrer und Jogger, mit Bellen reagiert.
Desensibilisierung:
Setzen Sie Ihren Hund dem Reiz in sehr geringer Intensität aus. Beim Beispiel des Fahrradfahrers wäre dies ein Fahrradfahrer, der so weit entfernt ist, dass er zwar die Aufmerksamkeit Ihres Hundes auf sich zieht, ihn aber noch nicht dazu veranlasst, zu bellen.
Jedes Mal, wenn Ihr Hund ruhig zu dem Fahrradfahrer blickt, belohnen Sie ihn für das Ruhigbleiben. Sollten Sie bei Ihrem Hund einen Marker oder Klicker aufgebaut haben, wäre dies genau der richtige Zeitpunkt, um diesen einzusetzen. Steigern Sie nun nach und nach die Intensität des Reizes und in unserem Beispiel die Entfernung zu dem Fahrradfahrer. Verringern Sie die Entfernung immer nur so weit, dass Ihr Hund weiterhin beim Anblick des Fahrrads nicht mit dem Bellen beginnt. Tut er dies doch, gehen Sie einen Trainingsschritt zurück und vergrößern den Abstand wieder so weit, dass es Ihrem Hund möglich ist, den Fahrradfahrer zu sehen, ohne zu bellen.
Gegenkonditionierung:
Die Methode der Gegenkonditionierung eignet sich besonders dann, wenn Ihr Hund eine sogenannte Leinenaggression entwickelt hat und immer anfängt zu bellen, sobald ein anderer Hund auftaucht. Mit der Gegenkonditionierung wollen wir erreichen, dass der fremde Hund eine Ankündigung für etwas Positives ist und nicht mehr etwas, was entweder die Flucht oder den Angriff einleitet. Um dies zu erreichen, verknüpfen wir den bisher negativ belegten Reiz, in unserem Beispiel das Erscheinen eines fremden Hundes, mit etwas Positivem. Gehen Sie hierfür ähnlich vor, wie bei der Desensibilisierung. Wählen Sie einen Abstand zu dem Fremdhund, den Ihr Hund aushält, ohne zu bellen oder im Erregungslevel gleich ganz nach oben zu schießen. Warten Sie den Moment ab, in dem Ihr Hund den anderen Hund wahrnimmt und noch nicht anfängt, zu bellen. Bieten Sie Ihrem Hund, sobald er den anderen Hund erblickt hat, etwas Positives. Dies kann ein Keks sein, aber auch ein Spiel oder vielleicht mag es Ihr Hund besonders gerne, ein Stückchen gemeinsam mit Ihnen zu joggen. Gehen Sie auch hier kleinschrittig vor und verringern Sie den Abstand zu dem anderen Hund nur stückchenweise. Ziel des Trainings soll sein, dass sich Ihr Hund beim Anblick eines fremden Hundes in positiver Erwartung zu Ihnen umdreht und so den bisher negativen Reiz mit etwas Tollem verknüpft.
Trennungsstress reduzieren
Einige Hunde neigen dazu, zu bellen, wenn sie allein zu Hause sind. Vereinzelt tun sie dies, weil es beispielsweise an der Tür geklingelt hat oder der Nachbarshund gerade am Fenster vorbeigelaufen ist. Gehört Ihr Hund zu diesen Kandidaten und legt sich nach dem kurzen Bellen einfach wieder entspannt hin, ist hier nicht unbedingt Handlungsbedarf vorhanden.
Bellt Ihr Hund aber ständig oder vielleicht sogar durchgehend, wenn er allein zu Hause ist, muss ihm auf jeden Fall geholfen werden. Ihr Hund leidet unter Trennungsstress und bringt diesen durch das Bellen zum Ausdruck. Ihr Hund scheint es also nie gelernt zu haben, sich auch in Ihrer Abwesenheit zu entspannen. Das Bellen beim Alleinsein ist in der Regel keine bewusste Entscheidung Ihres Hundes, sondern einfach sein Ventil, um Stress abzubauen.
Hier ist es absolut notwendig, dem Hund ganz kleinschrittig das Alleinsein beizubringen. Leidet Ihr Hund unter großem Trennungsstress, empfiehlt es sich, ihn neben dem Training mit weiteren Entspannungsmöglichkeiten, wie beispielsweise der konditionierten Entspannung, zu unterstützen.
Bei allen Ursachen und Trainingsmethoden sollten Sie sich immer wieder bewusst machen, dass sich Verhalten nicht über Nacht ändert.
Bleiben Sie also geduldig und seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihr Hund zwischendurch in alte Verhaltensmuster rutscht. Vermeiden Sie es, Ihren Hund für unerwünschtes Verhalten zu bestrafen. Häufig verschlimmern aversive Methoden das Problem auf Dauer und zerstören das Vertrauen Ihres Hundes. Schauen Sie, dass Ihr Hund auch neben dem Training ganzheitlich ausgelastet ist. Sorgen Sie also für ausreichend Bewegung, Beschäftigung und mentale Herausforderung. So schaffen Sie eine gute Basis, um Ihrem Hund mit Geduld, Verständnis und positiver Verstärkung das Bellen in bestimmten Situationen abzugewöhnen.
Hunde, die mit Knurren und Bellen drohen, um eine weitere Annäherung des Gegenübers zu verhindern, sollten dies auch weiterhin tun dürfen. Wird diese Art der Kommunikation verboten oder bestraft, wird der Hund es möglicherweise nicht mehr zeigen, aber die Annäherung des Gegenübers weiterhin ablehnen. In solchen Fällen ist die Gefahr sehr groß, dass der Hund sich dafür entscheidet, zu beißen, ohne vorher gewarnt zu haben, da er gelernt hat, dass eine Warnung sowohl unerwünscht, als auch erfolglos ist.