Ein passendes Beispiel ist der „Tigertempel“ Wat Pa Luangta Maha Bua in Thailand. Ganze Busladungen von unterhaltungssuchenden Reisenden wurden zwischen 1999 und 2016 zu den dortigen Mönchen gebracht, um gegen Spenden Tiger ganz nah zu erleben. Die traurige Realität hinter den vielen Selfies und mit Nuckelflaschen gefütterten Großkatzen brachten hartnäckige Tierschutzorganisationen ans Licht: Die Tiere wurden ihren Recherchen zufolge misshandelt und vermehrt, um sie zur Unterhaltung einzusetzen sowie ihre Organe und Körperteile illegal auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. 2016 schloss die Thailändische Regierung auf internationalen Druck hin die Anlage für den Touristenverkehr und beschlagnahmte 147 Tiger. Unter anderem fanden sie 40 tote Tigerbabys in einer Tiefkühltruhe.
Über die Hälfte dieser geretteten Tiere ist zwischenzeitlich in Regierungseinrichtungen verstorben, angeblich an Infektionen und den Folgen der andauernden Inzucht. 2018 erteilte diese Regierung einem Ableger der Tempelanlage darüber hinaus die Genehmigung für einen „Zoo“ – ein Türöffner für den weiteren Handel und Missbrauch von Tigern, maßgeblich mitfinanziert durch den Tourismus.
Pay to Pet: Der hohe Preis des Tigerbabykuschelns
Egal wo auf der Welt, das Prinzip hinter der Geldmaschine Tiger scheint immer das gleiche zu sein. Unter mehr oder weniger fürchterlichen Haltungsbedingungen werden die Großkatzen in privaten Einrichtungen zur Belustigung der Besucher eingesetzt, für Selfies verkauft und zum Streicheln vorgeführt. Manchmal werden auch Zirkusnummern oder Fütterungsshows zur Unterhaltung angeboten.
Wer denkt, das sei ein asiatisches Phänomen, der irrt. Auch in den USA ist der Tiger als Attraktion gefragt.
Besonders beliebt sind dabei Babytiger, egal ob als bestellte Partyattraktion im eigenen Haus oder für die Besucher in privaten Zoos. Die zahlende Kundschaft darf Tigerjunge mit der Flasche füttern und mit ihnen spielen und kuscheln. Maximal zwölf Wochen alt dürfen die Tigerbabys sein, um als niedliche Attraktion zu taugen, ohne einem zahlenden Besucher einen Finger abbeißen zu können. Um in dieser kurzen Zeit händelbar zu sein, werden die Wildtiere sofort nach der Geburt von der Tigermutter getrennt und mit der Flasche großgezogen. Normalerweise ziehen Tigermütter ihren Nachwuchs zwei bis drei Jahre lang groß, doch nur durch eine sofortige Trennung lassen sich die Jungen halbwegs an den Menschen gewöhnen.
Viele dieser Tigerkinder sterben früh, denn auf Grund der frühen Trennung von der Mutter ist das Immunsystem oft unzureichend ausgebildet. Der Stress durch das fortwährende Zurschaustellen, das viele angefasst werden, die schlechten Haltungsbedingungen und andauernde Inzucht erhöhen die Sterblichkeitsraten der Tiere. Die Tiger, die überleben, arbeiten oft als Gebärmaschinen weiter, um für Tigerbaby-Nachschub zu sorgen. Oder sie werden weiterverkauft: Schon für 2000 USD lässt sich so ein Tigerjunges online bestellen.
Amerikanische Tierschutzorganisationen berichten aber auch, dass kleinere Gewerbetreibende, die zum Beispiel auf Jahrmärkten Tiger als Streichelobjekte anbieten, zu groß gewordene Jungtiere einfach an Passanten verschenken oder sie kostenlos in Kleinanzeigen anbieten, um sich ihrer zu entledigen. Das ist viel einfacher als die Tiere zu töten oder gar unterzubringen, denn ein so ein ausgewachsener Tiger frisst pro Tag zwischen sechs und acht Kilo Fleisch und bleibt darüber hinaus ein gefährliches Wildtier. So kommt ein nichts ahnender Kirmesbesucher schon mal zu einem Tigerjungen, das dann – in einigen Bundesstaaten der USA völlig legal – in der heimischen Garage untergebracht wird.