Zahlreiche Fälle haben wir aufgedeckt und manchem Welpenverkäufer sogar das Handwerk gelegt. Zwei ganz besonders dreiste und skrupellose Hunde- Dealer sind uns jedoch nun schon seit Jahren ein Dorn im Tierschutzauge.
Leichen pflastern ihren Weg – kleine Hundeleichen, um genau zu sein. Denn viele der meist kranken Welpen, die Sabine J. und André S. im Laufe der Jahre verkauft haben, sind gestorben. Bei anderen waren langwierige tierärztliche Behandlungen erforderlich. Zwischen 450,- und 500,- Euro kosten die kleinen Möpse, Französischen Bulldoggen, Yorkshire Terrier oder Chihuahuas. Ein lukratives Geschäft auf Kosten der Hunde. Käufer, die sich beschweren und ihr Geld zurückfordern, werden abgewimmelt oder bedroht. Auf den Schreibtischen der Kriminalpolizei und des Veterinäramtes stapeln sich die Anzeigen, behördliche Auflagen und Verbote zeigen keine Wirkung, zahlreiche Bußgeldverfahren und ein Verfahren wegen Betrugs laufen noch. Dessen ungeachtet machen Sabine J. und André S. munter weiter. Ihre zahllosen Anzeigen im Internet mit immer neuen Hunderassen, falschen Angaben zum Wohnort und diversen unterschiedlichen Telefonnummern sollen verschleiern, dass es sich immer wieder um ein und dasselbe kriminelle Händlerpärchen handelt.
Vom Züchter zum Händler
Als Züchterin von Rhodesian Ridgebacks und Beagles genoss Sabine J. früher in den einschlägigen Kreisen einen guten Ruf. Dann traf sie den angeblich aus Rostock stammenden André S. Der Mann ist der Polizei hinlänglich bekannt, hat auch schon einmal eine Haftstrafe verbüßt und des Öfteren Menschen zumindest verbal bedroht. Seit mehreren Jahren bietet er im Internet seine Dienste als „Tierheiler“ an.
Das Duo beschloss, den gelegentlichen Verkauf selbst gezüchteter Welpen zu einem schwunghaften Hundehandel auszubauen. Nach dem Motto „minimaler Aufwand – maximaler Gewinn“ gingen allein in den letzten beiden Jahren über 500 Welpen durch die Hände des Paares. Angeblich musste eine Berliner Tierärztin, die seit langem Hunde von Sabine J. behandelt, ganze Würfe einschläfern, weil die Tiere so krank waren.
Das Veterinäramt hatte gegen Sabine J. bereits im Jahr 2010 ein Haltungs- und Betreuungsverbot erlassen, gegen André S. erging ein Handel- und Zuchtverbot. Dessen ungeachtet hält das Paar bis heute mehrere eigene Hunde. Sie gehören jetzt angeblich Herrn S. Dabei hat keiner von beiden je einen Hund offiziell angemeldet oder Hundesteuer entrichtet. Auch die übrigen Verbote beeindrucken das Paar in keiner Weise. Der Handel mit den Hundewelpen blüht. Immer wieder hat das zuständige Veterinäramt Welpen beschlagnahmt und dabei in der Garage auf dem angemieteten Grundstück in Schönwalde- Glien bei Berlin auch tote Tiere gefunden. Gegen die jeweils verhängten behördlichen Bußgeldbescheide hat Sabine J. jedoch immer Widerspruch eingelegt. Die Verfahren liegen alle bei der Staatsanwaltschaft, die mit der Bearbeitung kaum noch nachkommt.
Nachschub aus dem Osten
Woher die vielen Hundewelpen kommen lässt sich nicht beweisen. Die Spur führt jedoch eindeutig nach Osten. Die deutschen Impfausweise, die das Händlerpaar den Käufern aushändigt, sind kopiert und kleiner als die von der Herstellerfirma an Tierärzte ausgegebenen Originalpässe.
Das Kopieren eines Impfpasses ist allerdings nicht strafbar, da es sich nicht um ein Dokument im rechtlichen Sinne handelt. In sämtlichen Impfpässen, die wir im Zusammenhang mit dem Fall begutachtet haben, findet sich der Stempel eines polnischen Tierarztes. Eine polnisch sprechende Zeugin, die einen kranken Welpen bei Sabine J. und André S. gekauft hat, hatte den im Pass angegebenen Tierarzt in Kostrzyn angerufen. Andrzej A. zeigte sich auskunftsfreudig und erzählte, dass André S. sehr oft mit polnischen Welpen zu ihm käme, um die Hunde impfen zu lassen. Es liegt also der Verdacht nahe, dass André S. in Polen wurfweise Hundewelpen aufkauft, sie zu dem Tierarzt nach Kostrzyn bringt und dieser dann seinen Stempel in die kopierten Impfpässe setzt. Durch Aufkleber von polnischen Impfstoffen in den Pässen soll der Eindruck entstehen, dass die Welpen, wie in den Internetanzeigen betont, alle ordentlich geimpft wurden. Ob die Tiere jedoch diese Impfungen tatsächlich erhalten haben, ist äußerst fraglich.
Durch diese Vorgehensweise wird suggeriert, dass die Hunde aus Deutschland stammen. Nur sehr wenige Käufer schauen sich den Pass überhaupt näher an und entdecken den polnischen Tierarztstempel. Allerdings darf ein polnischer Veterinär seinen Stempel und die Aufkleber von verwendeten polnischen Impfstoffen nur in einem polnischen Impfpass anbringen, nicht aber in einem deutschen. Für deutsche Behörden ist es jedoch sehr schwierig, dem polnischen Tierarzt diese strafbaren Handlungen nachzuweisen. Falls es sich tatsächlich um polnische Welpen handelt, führt André S. die Tiere illegal nach Deutschland ein, denn gemäß den geltenden Bestimmungen müssen auch Hundewelpen unter 3 Monaten, die in einem angrenzenden EU-Land gekauft wurden, bei der Einreise nach Deutschland mittels Mikrochip gekennzeichnet sein sowie über einen EU-Heimtierausweis verfügen. Beides trifft für die von Sabine J. und André S. verkauften Tiere nicht zu. Allerdings konnten wir bisher noch nicht nachweisen, dass die Tiere tatsächlich aus Polen stammen. Das Dealer-Duo behauptet vor Kunden immer, dass die Hunde aus ihrer eigenen „Hobbyzucht“ stammen würden und der polnische Tierarzt zum Impfen zu ihnen nach Hause käme. Von einer Hobbyzucht kann allerdings bei jährlich etwa 250 verkauften Welpen nicht die Rede sein. Gemäß Tierschutzgesetz ist eine Zucht nämlich eindeutig gewerbsmäßig, wenn 3 oder mehr fortpflanzungsfähige Hündinnen gehalten oder mehr als 3 Würfe pro Jahr verkauft werden. Sowohl die gewerbsmäßige Zucht als auch der Handel mit Hunden darf nur mit behördlicher Erlaubnis betrieben werden. Aber Gesetze und Vorschriften interessieren weder Sabine J. noch André S. Dass die Zusammenarbeit zwischen Hundehändler und polnischem Tierarzt sehr eng ist, zeigen auch mehrere Fläschchen mit polnischem Antibiotikum, welches die Behörden angeblich bei einer Hausdurchsuchung in Schönwalde- Glien fanden. Bei der hohen Anzahl kranker Hunde war der Verbrauch an Antibiotika sicher enorm. Allerdings darf dieses Medikament nur in der Apotheke eines Tierarztes aufbewahrt werden und gehört nicht in die Hände von Privatpersonen. Ein Straftatbestand also, dem die Behörden nachgehen müssen.
Ein Fall für Akte 20.12
Anfang Februar dieses Jahres fragte eine TV-Redakteurin bei uns an, die den bereits mehrfach durch aktion tier in die Medien gebrachten Fall für die SAT 1-Sendung „Akte 20.12“ wieder aufgreifen wollte. Sie meldete sich bei Sabine J. als Interessentin für eine Französische Bulldogge an und kaufte kurze Zeit später in Begleitung einer aktion tier-Tierärztin den kleinen „Pepe“. Um den Anschein einer seriösen Züchterin zu erwecken, führte die Hundehändlerin beim Verkaufsgespräch eine Bulldoggenhündin als angebliches Muttertier vor. Unsere Tierärztin hatte in einem unbeobachteten Moment die Zitzen und Milchleisten dieser Hündin untersucht und keine Anzeichen festgestellt, die darauf hindeuteten, dass die Hündin vor Kurzem Welpen geboren und gesäugt hatte. Wie bei allen vorherigen Verkäufen hatte Frau J. auch dieses Mal einen kopierten deutschen Impfpass mit dem Stempel des polnischen Tierarztes sowie anstelle eines ordentlichen Kaufvertrages einen lediglich von der Käuferin unterzeichneten „Übergabebeleg“ ohne Eintrag der Kaufsumme ausgehändigt. Dieser unverbindliche „Übergabebeleg“, der auch den Zusatz „Muttertier gesehen“ enthielt, sichert allein die Hundehändler rechtlich ab. Der neue Hundebesitzer kann später mit diesem Schriftstück weder den Kauf nachweisen noch eventuelle Ansprüche geltend machen. Viele gutgläubige Käufer sind bisher auf diesen Trick hereingefallen. Vor Ort war die Aufmerksamkeit auf den Welpen konzentriert, der völlig wertlose „Beleg“ wurde meist erst später zu Hause in Ruhe gelesen – und dann war es schon zu spät. Pepe wurde noch am selben Tag von unserer Tierärztin untersucht. Der kleine Rüde machte einen matten Eindruck, hatte tränende Augen und gerötete Schleimhäute. Aus seinem kurzen Näschen lief Schleim und er litt an Durchfall. Die Blutanalyse zeigte veränderte Nierenwerte und Anzeichen für eine Entzündung. Die Tierärztin verordnete daraufhin eine 10tägige Antibiotika-Kur und verabreichte einen Schleimlöser für die Bronchien. Pepe war eindeutig nicht gesund und hätte daher nicht verkauft werden dürfen.
Der anschließende Besuch des TV-Teams bei den Hundehändlern offenbarte das aggressive und gewaltbereite Naturell von André S.. Konfrontiert mit der Diagnose unserer Tierärztin und unserem Wissen über den jahrelangen Handel mit kranken Hundewelpen stieß er wilde Drohungen aus, parkte schließlich unser Auto zu und rief die Polizei. Eingehandelt hat ihm das zwar nur eine Anzeige wegen Nötigung, alle Beteiligten waren jedoch froh über die Anwesenheit der Beamten, da André S. den Eindruck einer tickenden Bombe machte, die jederzeit explodieren kann.