aktion tier Kampagne "TODSCHICK"

TODSCHICK – Pelz

Nachdem Pelz bei der Mehrheit der Bevölkerung jahrelang verpönt und Ende der 1990er Jahre aus dem Straßenbild so gut wie verschwunden war, ist er seit den 2010er Jahren leider wieder stark im Kommen und die Pelzindustrie verzeichnet steigende Umsätze. Der Look ist dank neuer Technologien bunt und kommt oft im Mix mit anderen Materialien daher. Das Leiden der Tiere scheint beinahe vergessen...

21. November 2022
Ein Beitrag von Ursula Bauer

TODSCHICK - So viel Tierleid steckt in Kleidung

Die meisten Menschen kaufen sich Kleidungsstücke und Accessoires, ohne groß darüber nachzudenken, woraus diese bestehen. Bei manchen steht ein möglichst niedriger Preis im Vordergrund, andere kaufen einfach, was ihnen gefällt oder gerade angesagt ist.

Unsere Kampagne TODSCHICK wird uns durch die Jahre 2022/2023 hindurch begleiten, denn sie besteht aus den Themen Seide, Leder, Wolle, Pelz und Daunen, die wir Ihnen hintereinander vorstellen werden.

Mit dieser Kampagne möchten wir über Kleidung aus Materialien tierischen Ursprungs informieren, für die unsere Mitgeschöpfe teilweise erheblich leiden müssen. Damit Sie Ihre Kaufentscheidungen in Zukunft bewusster treffen und eventuell auf Alternativen ausweichen.

Begrifflichkeit

Umgangssprachlich werden die Bezeichnungen „Fell“ und „Pelz“ ohne erkennbare Regel verwendet. Am häufigsten wird die behaarte Tierhaut „Fell“ und die daraus gefertigte Kleidung „Pelz“ genannt. Das haben wir in diesem Artikel auch so gehandhabt.

Fachlich korrekt wäre allerdings die Benennung nach Haardichte. Demnach handelt es sich bei einer Dichte von 50 bis 400 Haaren pro cm² um Fell. Typische Fellträger sind Haus- und Nutztiere wie Hund, Katze, Kaninchen oder Schaf. Erst das sehr dichte Haarkleid ab 400 Haare pro cm² von Wildtieren wie Fuchs, Marderhund, Biber oder Chinchilla nennt der Fachmann Pelz. Daraus werden vor allem Jacken, Mäntel, Westen, Kopfbedeckungen und Handschuhe für den Herbst und Winter gefertigt. Besonders beliebt sind auch große Pelzbesätze an Kapuzen und Krägen sowie Bommeln an Mützen.

Im Rahmen dieses Kampagnen-Artikels geht es vorrangig um Wildtiere, deren Fell zur Herstellung von Pelz verwendet wird. Nutz- und Haustiere kommen jedoch auch zur Sprache.

Die Entwicklung der Pelzkleidung

Pelz vor 1920

Bereits vor 2,6 Millionen Jahren bedeckten sich die Steinzeitmenschen mit Fellen und Pelzen. Vor etwa 70.000 Jahren entstanden dann die ersten Kleidungsstücke aus mit Pflanzenfasern zusammengenähten Tierhäuten. Mit der Gewinnung und Verarbeitung anderer Materialien wie Wolle und Leinen wurde zumindest in gemäßigten Klimazonen im Laufe der Zeit immer weniger Pelz- und Fellkleidung getragen. Auch lernten die Menschen, Tierhäute zu enthaaren und durch Gerbung haltbar zu machen. Dieses Leder war ein weiterer Rohstoff zur Herstellung von Bekleidung.

Im Altertum trug vorrangig die ärmere Landbevölkerung wärmende Tierfelle.

Während des Mittelalters fand dann auch die Mittel- und Oberschicht am Pelz von Zobel, Marder und Hermelin Gefallen. Damit wurden Säume und Krägen besetzt oder Mützen und Westen gefüttert. Pelz etablierte sich schließlich auch als fester Bestandteil der offiziellen Kleidung von Herrschern, Beamten und Geistlichen (Statussymbol).

Im 19ten Jahrhundert galten dann vor allem Mantelfutter, Krägen und Manschetten aus Pelz vom Biber, Fischotter oder Bisamratte als elegant – auch bei den Herren. Pelzgarnituren, bestehend aus Mütze, Schal und Muff oder Handschuhen, waren bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein beliebt. Neben Zobel und Hermelin wurden immer mehr günstigere Felle von Kaninchen, Lamm oder Biber verarbeitet.

Dieser Muff aus dem Fell eines Rotfuchses war früher der letzte Schrei. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Pelz im 20. Jahrhundert

Ab den 1920er Jahren ging es mit der Pelzbranche dann aufgrund rückläufiger Nachfrage bergab. Aber Not machte erfinderisch, und so bekam das Thema wieder Aufwind durch die Erschaffung von Pelzkleidung für den Sommer. Der hochmodische Sommerpelz bestand aus den leichten, kurzen oder geschorenen Fellen von Antilope, Känguru, Gazelle oder Maulwurf. Seither gilt Pelz nicht mehr als Saisonkleidung.

Während bisher Pelz meistens mit den Haaren nach innen als Futter getragen wurde, gab es mit Beginn des 20ten Jahrhunderts immer mehr Jacken und Mäntel aus sogenanntem Außenpelz, die mit den neu erfundenen Pelznähmaschinen relativ kostengünstig hergestellt werden konnten. Pelz als Futter oder Besatz in Verbindung mit Stoff blieb jedoch nach wie vor beliebt. Während Fuchs und Nerz bis heute viel verwendet werden, wechselten Tierarten immer wieder mal. So waren Leopard und das Fell des Karakulschafs (Persianer) nach dem zweiten Weltkrieg besonders „in“, als die Menschen Lust auf Luxus hatten.

Bis in die 1970er Jahre hinein war ein langer Pelzmantel ein wichtiges Statussymbol, das sich fast jede Frau innig wünschte. Foto: © Ursula Bauer

Gestern pfui, heute hui... Pelz ab 1980

Ab den 1980er Jahren führten zahlreiche Aufklärungskampagnen von Tierschutzorganisationen und die Veröffentlichung von schrecklichen Bildern vor allem aus Nerzfarmen dazu, dass die Lust auf Pelz merklich abnahm. Marken wie Calvin Klein verzichteten medienwirksam auf Tierfelle und Supermodels wie Naomi Campbell präsentierten sich Anfang der 1990er Jahre komplett hüllenlos für den Slogan „Lieber nackt als im Pelz“.

Nachdem Pelz bei der Mehrheit der Bevölkerung jahrelang verpönt und Ende der 1990er Jahre aus dem Straßenbild so gut wie verschwunden war, ist er seit den 2010er Jahren leider wieder stark im Kommen, und die Pelzindustrie verzeichnet steigende Umsätze. Der Look ist dank neuer Technologien bunt und kommt oft im Mix mit anderen Materialien daher. Das Leiden der Tiere scheint vergessen und „das bisschen Pelz am Pulli“ wohl für die KonsumentInnen moralisch vertretbar.

Hinzu kommt, dass in Fernost viel Billigpelz produziert wird und die Produkte daraus für jedermann erschwinglich geworden sind. Das Interesse an Vintage-Kleidung (übersetzt: aus einer früheren Zeit), spielt ebenfalls eine Rolle, da vor allem junge Menschen auf Flohmärkten oder in Second- Hand-Läden alte Pelzkleidung kaufen. Auch Kürschner bereiten alte Pelze auf und machen Modisch-Neues daraus, so dass Fell und Pelz wieder im Alltag gegenwärtig sind. Während einige Modehersteller wie Stella McCartney und Tommy Hilfiger sowie große Modefirmen wie H&M und Zara konsequent auf Pelz verzichten, produzieren andere wie beispielsweise Fendi nach dem Motto „Spaß mit Pelz“ in großem Stil. Und sind erfolgreich.

„Ist von Omi, trage ich doch nur auf“

Diese Begründung hört man oft und in der Tat erscheint es sinnvoll, einen geerbten Mantel aus Tierfell nicht wegzuwerfen. Wir meinen jedoch, dass Pelztragen in der Öffentlichkeit zum Nachahmen animiert.

Spenden Sie das Erbstück lieber einer Tierschutzorganisation, die es dann zum Beispiel als Anschauungsobjekt verwenden kann.

Pelztiere

Bekannte und häufig für Bekleidung oder Accessoires verwendete Felle stammen von Nerzen, Füchsen, Marderhunden und Waschbären.

Amerikanischer Nerz

Der auch als Mink bezeichnete Amerikanische Nerz gehört zur Familie der Marder. Seine ursprüngliche Heimat ist Nordamerika, wo er immer in der Nähe von Gewässern in Erdbauten lebt. Die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere können sehr gut schwimmen und tauchen. Als Einzelgänger kommen Minks nur während der Paarungszeit zusammen. Sie sind reine Fleischfresser mit einem breiten Nahrungsspektrum aus kleinen Säugetieren, Fischen und Vögeln. Das glänzende, dichte Fell dieses hübschen Raubtieres war schon immer begehrt. In Nordamerika wurde der Mink aufgrund seiner nachtaktiven Lebensweise mit Fallen gefangen, bis seine Zucht in Gefangenschaft Anfang des 20ten Jahrhunderts gelang. Seither wird er fast in der ganzen Welt in sogenannten Farmen gehalten und ist heute das mit Abstand am häufigsten gezüchtete Pelztier.

Neben der Wildfarbe (verschiedene Brauntöne) gibt es fast 30 weitere, gezüchtete Fellfarben wie weiß, schwarz und silber, die unter anderem zur Herstellung von Mänteln Krägen und Besätzen verwendet werden.

Da Zuchtnerze auch nach Europa verkauft wurden, wo aus den Farmen immer wieder Tiere entweichen konnten, kommt der Amerikanische Nerz inzwischen in ganz Europa in freier Wildbahn vor.

Füchse

Füchse sind Raubtiere und gehören zoologisch zur Familie der Hunde. Sie werden hinter dem Nerz am zweithäufigsten in Pelzfarmen gezüchtet. Daneben werden sie in verschiedenen Ländern in freier Wildbahn gejagt. Es gibt viele verschiedene Arten von Füchsen. Für die Pelzproduktion relevant sind jedoch nur drei.

Rotfuchs (Vulpes vulpes)

Rotfüchse kommen natürlicherweise auf der gesamten Nordhalbkugel und inzwischen durch gezielte Ansiedelung auch in Australien vor. Die vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiven Tiere leben in Erdbauten, sind sehr anpassungsfähig und in fast allen Lebensräumen zu finden. Sogar in Städten. Als Allesfresser besteht ihr Speiseplan unter anderem aus Mäusen, Kaninchen, Beeren, Nutzgeflügel, Kompostabfällen und Aas.

Füchse leben in freier Wildbahn außerhalb der Paarungszeit meist allein, versorgen aber die Jungen oft gemeinsam. Bei Stadtfüchsen werden auch immer wieder länger zusammenlebende Familiengruppen beobachtet. Rotfüchse werden in geringem Maße in Farmen gezüchtet, der Großteil der Felle stammt aus der Bejagung. Die Schwänze und Felle von Rotfüchsen sind heute stark nachgefragt und werden unter anderem für Mäntel, Innenfutter oder zur Verbrämung von Mützen und Besätze an Krägen verwendet. Auch Heimtextilien wie Decken und Kissenbezüge aus echtem Fuchspelz sind sehr beliebt.

Silberfuchs

Der Silber- oder Schwarzsilberfuchs ist keine eigene Fuchsart, sondern eine Farbvariante des Rotfuchses. In freier Wildbahn kommt es gelegentlich zu dieser spontanen Farbmutation. Solche wildgefangenen Silberfüchse bildeten dann auch Ende des 19ten Jahrhunderts den Grundstein der Pelztierzucht in Kanada. Ihr dichtes Haarkleid galt ein Jahrhundert lang als überaus kostbar und ist immer noch stark nachgefragt. Heute stammen die Felle der Silberfüchse fast ausschließlich aus Farmhaltungen vor allem in Skandinavien, Nordamerika und Russland, wo durch Mutationszucht viele unterschiedliche Farbvarianten produziert werden.

Aus dem Pelz der Tiere werden neben Mäntel, Jacken, Capes, Westen und Krägen auch Wohntextilien wie Teppiche, Bettvorleger, Decken und Kissenbezüge hergestellt.

Polarfuchs (Vulpes lagopus)

Der Polarfuchs wird auch als Steinfuchs, Eisfuchs oder Arktischer Fuchs bezeichnet. Er ist in den arktischen Regionen der Nordhalbkugel (z.B. Alaska, Kanada, Grönland, Island, nördliches Russland) beheimatet. Mit seinem dicken Fell und einer entsprechenden Fettschicht übersteht das scheue Raubtier selbst Temperaturen von unter 50 Grad. Der Speiseplan des Polarfuchses reicht von kleinen Säugetieren wie Lemmingen, Hasen und Mäusen über Vögel und Eier bis hin zu Aas. Er gilt als monogam und soll als Paar ein Leben lang zusammenbleiben.

Polarfüchse zeigen eine große Besonderheit: Sie wechseln im Jahresverlauf ihre Fellfarbe. Das Sommerfell ist bei allen Tieren ähnlich. Die Grundfarbe ist braun, graubraun oder rötlich, während Bauch, Flanken und die Unterseite des Schwanzes weißlich-beige gefärbt sind. Dieses Sommerfell gilt als wertlos. Sehr begehrt ist dagegen das dichte Winterfell des Polarfuchses, welches sich in zwei Farbschlägen zeigt. Es kommen Tiere mit bläulich-grausilbrigem Winterfell vor (Blaufüchse) und Exemplare mit reinweißer oder leicht cremiger Fellfarbe (Weißfüchse).

Blau- und Weißfüchse werden vor allem in Finnland in Farmen gezüchtet. Das oft langhaarige Fell wird unter anderem für Krägen und Besätze verwendet. Für einen knöchellangen Mantel werden etwa 14-16 Felle benötigt.

Weitere Farbschläge, z.B. Kreuzfuchs

Neben dem Silberfuchs gibt es noch weitere Farbschläge des Rotfuchses. Zum Beispiel den Kreuzfuchs, der seinen Namen einer kreuzähnlichen, farblich abgesetzten Fellzeichnung auf dem Rücken verdankt. Seine natürlichen Vorkommen entsprechen denen des Silberfuchses. Kreuzfüchse werden in freier Wildbahn gejagt und gelegentlich in Farmen zum Beispiel in Skandinavien gezüchtet. Anders als beim Silberfuchs, der zuchtrein ist, ergibt die Verpaarung zweier Kreuzfüchse Nachkommen mit Fellfarben von Rot-, Silber- und Kreuzfuchs. Der Pelz dieses schönen Raubtiers wird meistens zu Besätzen an Krägen, Capes und Kapuzen verarbeitet.

Kreuzfuchs. Foto: © Brittany/ AdobeStock

Marderhund (Nyctereutes procyonoides)

Auch der Marderhund (oder Enok) gehört zur Familie der Hunde und ist daher mit den Füchsen und unseren Haushunden verwandt, obwohl er vom Aussehen dem Waschbären ähnelt. Das spiegelt sich auch in den zahlreichen Namen wieder, die seinem Pelz gegeben werden wie beispielsweise Finnraccoon (übersetzt Waschbär aus Finnland) und Chinesischer Waschbär. Woher die häufig in Fachkreisen verwendete Bezeichnung „Seefuchs“ stammt, ist dagegen schwer nachvollziehbar, während der Name „Tanuki“ einfach die japanische Bezeichnung für Marderhund ist. Verständlich, denn die ursprüngliche Heimat des Enok liegt in Teilen von China und Vietnam sowie in Sibirien und Japan. Anfang des 20ten Jahrhunderts wurden Marderhunde in Russland als Pelztier eingeführt und auch in großer Anzahl zur Jagd ausgesetzt. Die Ausbreitung erfolgte zügig, und seit mehreren Jahren gelten Enoks auch in Deutschland als heimisch.

Die scheuen Raubtiere leben bevorzugt in waldreichen Gebieten in sozialen Familiengruppen zusammen. Sie gehen in der Dämmerung auf Nahrungssuche und fressen fast alles, was ihnen vor die Schnauze kommt wie beispielsweise Eier, Vögel, Mäuse, Insekten, Früchte und Aas. Als gute Schwimmer und Taucher erbeuten Marderhunde auch Fische und Amphibien.

Als Pelztier werden Marderhunde hauptsächlich in Farmen vor allem in Ostasien und Finnland gezüchtet oder in freier Wildbahn gejagt. Die Felle werden vor allem zu Krägen, Stolen und Kapuzeneinfassungen verarbeitet. Für einen ganzen Pelzmantel braucht es 27 bis 30 Felle.

Waschbär (Procyon lotor)

Der Waschbär ist ein Raubtier aus der Familie der Kleinbären. Er ist schlau und verfügt über ein gutes Gedächtnis. Außerdem ist er ein geschickter Kletterer und kann, dank seines besonderen Tastsinns an den Sohlen der Vorderpfoten, Gegenstände und Nahrung gut untersuchen. Waschbären sind immer hungrige Allesfresser. Ihr Speiseplan beinhaltet unter anderem Insekten, Schnecken, Würmer, Obst, Nüsse, Eier, Frösche, Fische und Krebse.

Der bevorzugte Lebensraum sind waldreiche Gebiete mit Gewässern. Die Tiere können gut schwimmen und finden auch einen Großteil ihrer Nahrung an und in Bächen, Flüssen und Seen. Daneben haben sie sich auch in Städten häuslich eingerichtet, wo sie Mülltonnen durchwühlen und in Gärten nach Nahrung suchen. Die dämmerungs- und nachtaktiven Waschbären schlafen tagsüber in Astgabeln oder Baumhöhlen, in Städten verstecken sie sich auch auf Dachböden und in Schuppen. Sie können sowohl einzeln als auch in Kleingruppen leben und unterhalten meistens soziale Kontakte zu Artgenossen.

Die ursprünglich nur in Nordamerika beheimateten Tiere wurden als Pelztiere nach Europa eingeführt und zuerst in Farmen gehalten. Entkommene sowie bewusst ausgewilderte Waschbären haben sich in freier Natur schnell angesiedelt und ausgebreitet, so dass sie heute in Frankreich, Russland, Österreich, der Schweiz sowie in Deutschland als heimisch gelten.

Heute werden Waschbären vorrangig in China in Farmen gezüchtet. Wildfelle von freilebenden und mit Fallen gefangenen Tieren stammen vor allem aus Nordamerika und Europa. Aus dem langhaarigen Fell werden hauptsächlich Besätze für Kapuzen und Krägen, sowie Handschuhe, Schuhe oder Handtaschen gefertigt. Für einen Mantel benötigt man die behaarte Haut von 30 bis 40 Tieren.

Waschbär in Gefangenschaft. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Verwirrende Namen

Raccoon ist der englische Name für Waschbär. Als Finnraccoon, Chinesischer Waschbär oder einfach nur als Raccoon bezeichneter Pelz ist aber in der Regel vom Marderhund, der auch oft als Waschbärhund bezeichnet wird.

Pelztiere sind Wildtiere

In Gefangenschaft gehaltene Pelztiere werden oft den Nutztieren zugeordnet. Wir halten das für falsch, da ein wesentliches Merkmal von Nutztieren die Haustierwerdung (Domestikation) ist, im Rahmen derer das ursprüngliche Wildtier durch selektive Zucht körperlich stark verändert wird. Auch das Verhalten wird im Laufe der Jahrtausende züchterisch geformt, damit dass Zusammenleben mit dem Menschen möglichst unkompliziert und ungefährlich ist.

Die Domestizierung der Ziege begann vor rund 11.000 Jahren, die des Rindes vor ca. 10.000 Jahren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass mehr als 500 Jahre nötig sind, um aus einem Wildtier ein Haus- oder Nutztier zu formen. Die Geschichte der Pelztierhaltung ist jedoch wesentlich kürzer. In den 1880er Jahren fanden in Kanada die ersten Versuche zur Haltung und Züchtung von Silberfüchsen statt, in Europa wurde 1914 die erste Pelztierfarm errichtet, und die wirtschaftlich lukrative Intensivhaltung der Tiere begann sogar erst Mitte des 20ten Jahrhunderts. In bestenfalls etwas mehr als 100 Jahren können zum Beispiel Fellfarbe und Größe züchterisch verändert werden, von einer Domestikation kann jedoch unseres Erachtens keine Rede sein. Die in Farmen gehaltenen Silberfüchse, Nerze, Nutrias und Marderhunde sind hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer Bedürfnisse immer noch das Ebenbild ihrer freilebenden Artgenossen.

Tierleid in Pelz

Fallenfang und Jagd

Etwa 15% der weltweit getöteten Pelztiere stammt aus der freien Natur. Vor allem in China, Osteuropa, Nordamerika und Russland ist die Jagd auf Tiere ausschließlich ihres Fells wegen noch weit verbreitet. Im Visier der Jäger sind Arten wie Russischer und Kanadischer Zobel sowie verschiedene Fuchsarten.

Neben den unterschiedlichen Jagdarten wie Treib- und Ansitzjagd kommen auch Fallen wie Tellereisen, Schlagfallen und Nackenschlingen zum Einsatz. Oft werden die Tiere hierbei nicht sofort getötet, sondern leiden verletzt und frierend teilweise tagelang, bis der Fallensteller kommt und sie tötet. Aus Verzweiflung beißen sie sich manchmal die Gliedmaßen ab, um freizukommen. Meistens sterben sie dann trotzdem schnell an Blutverlust oder weil sie nicht mehr in der Lage sind, Futter zu suchen.

Auch Tiere wie Hunde, Rehe oder Vögel, die gar nicht gefangen werden sollen, werden durch Fallen getötet. Diese Fehlfänge sollen sogar 75 Prozent aller gefangenen Tiere ausmachen. Aus Sicht des Tier- und Artenschutzes ist der Fallenfang grundsätzlich abzulehnen.

Rotfuchs in Tellereisen. Foto: Accipiter (R. Altenkamp, Berlin) / Lizenz: CC BY-SA 3.0 Wikimedia Commons

Des Weiteren landet Pelz von Wildtieren im Handel, die als Schädlinge in der Landwirtschaft gelten. Dies betrifft, je nach Land und Schutzstatus, unter anderem Wildkaninchen, Hamster, Asiatische Eichhörnchen, Kojoten und Opossums. Problematisch ist hierbei, dass man nicht weiß, ob die Tiere wirklich im Rahmen einer erforderlichen Schädlingsbekämpfung getötet wurden oder das Motiv nicht doch die finanziell lohnende Pelzgewinnung ist.

Innerhalb der EU und damit auch in Deutschland werden außerdem heimische Wildtiere getötet, die als Schadwild gelten, weil sie sich von Tieren ernähren, die der Jäger selbst gerne erlegen möchte. Hermelin, Marder und Iltis dürfen „nur“ in den Herbst- und Wintermonaten gejagt werden, aber für Fuchs, Waschbär, Marderhund und Nutria gibt es in den meisten Bundesländern keine Schonzeit. Da sich die Geschlechter optisch höchstens durch Gewicht und Größe leicht voneinander unterscheiden, kommt es immer wieder vor, dass säugende Weibchen getötet werden und die Jungen dann verhungern.

Etwa 2 Millionen Waschbären, 1 Million Nutria und ½ Million Rotfüchse wurden im Jagdjahr 2020/2021 in Deutschland erlegt. Im Rahmen von Treibjagden oder mit Hilfe von Fallen. Ein Großteil der Tierkörper wird entsorgt, manche landen beim Gerber oder Pelzhändler. Da die Nachfrage derzeit groß ist, die meisten Verbraucher jedoch keinen Pelz aus tierquälerischer Zucht kaufen möchten, wäre die Verwertung der Häute dieser ohnehin getöteten Tiere doch sinnvoll, oder? Wir finden NEIN – denn das sogenannte Raubwild wurde, ähnlich wie ihre Verwandten in den Pelzfarmen, ohne vernünftigen Grund getötet. Während die Tiere in den Zuchtfarmen ihr Leben für die Mode lassen müssen, werden Marderhunde, Dachse und Füchse aus archaischem, schon lange nicht mehr zeitgemäßem Futterneid getötet. Die Verwertung ihres wundervollen Haarkleides macht den Tod dieser Millionen unschuldiger Tiere kein bisschen sinnvoll.

Besorgniserregender Rückgang von Arten

Die intensive Bejagung von Pelztieren in der Vergangenheit hat weltweit zu einem besorgniserregenden Rückgang diverser Arten wie Europäischer Nerz und 11 Robbenarten geführt, deren Aussterben nur noch durch eine kategorische Unterschutzstellung verhindert werden konnte. Der Seeotter zählte auch zu den begehrtesten Pelztieren, da ihm sagenhafte 100.000 Haare pro Quadratzentimeter wachsen. Das entspricht der durchschnittlichen Behaarung eines ganzen Menschenkopfs. Wegen dieses extrem dichten Fells wurde das possierliche Raubtier gnadenlos gejagt und fast ausgerottet, bis der Handel mit seinen Pelzen im Jahr 1911 verboten wurde.

Der Seeotter zählte auch zu den begehrtesten Pelztieren, da ihm sagenhafte 100.000 Haare pro Quadratzentimeter wachsen. Foto: © Haplo/ AdobeStock

Farmhaltung

Etwa die Hälfte der weltweit verarbeiteten Felle stammt aus Zuchtbetrieben, den sogenannten Pelztierfarmen. Wenn man Farm liest, denkt man an kleine Bauernhöfe in idyllischer Natur mit glücklichen Tieren und fröhlichen Menschen. Pelztierfarmen sind jedoch das genaue Gegenteil – Orte des Grauens.

Die meisten dieser Zuchtstätten mit Nerzen, Füchsen, Nutrias, Marderhunden, Waschbären, Chinchilla und Zobel befinden sich in Skandinavien, Russland, Osteuropa, den USA, Kanada, Polen und China. Bis zu 150.000 Tiere pro Einrichtung werden in typischer industrieller Massentierhaltung vermehrt und aufgezogen. Wie bei jeder Intensivtierhaltung wird auch in den Farmen keine Rücksicht auf die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Tiere genommen. Was zählt ist der Profit, der sich aus der jährlichen Pelzmenge und deren Qualität ergibt.

Die ersten Züchter hielten Silberfüchse noch in Gehegen am Boden. Nachdem jedoch vermehrt Parasitenbefall durch den Kontakt mit dem Kot auftrat, sperrte man die Tiere aus hygienischen Gründen in Drahtkäfige, durch deren Maschen die Fäkalien hindurch auf den Boden oder in Kotwannen fallen konnten. Diese grausame Art der Haltung hat sich dann dauerhaft bei allen Arten von Pelztieren durchgesetzt.

Das qualvolle Leben im Käfig

Als Wildtiere sind die Pelztiere gar nicht in der Lage, sich an die extremen Haltungsbedingungen in den aneinander gereihten, kleinen Drahtkäfigen anzupassen und leiden daher besonders. Das ständige Stehen auf Gitter führt zu Verletzungen der Füße, Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten gibt es nur für weibliche Zuchttiere. Ihnen stehen sogenannte Wurfboxen zum Gebären und Betreuen der Jungen zur Verfügung. Alle anderen Käfige sind ohne jegliche Ausstattung und Beschäftigungsmöglichkeit. Diese besonders unnatürliche Haltung verursacht enormen Stress, den die verzweifelten Tiere durch stereotype Bewegungen versuchen abzubauen. So kratzen sie dauerhaft am Gitter oder beißen hinein, pendeln mit dem Körper hin und her, springen auf und ab, oder kreisen stundenlang auf dem Käfigboden. Manche resignieren auch und verfallen in Apathie. Typisch sind auch Selbstverletzungen durch Schwanzsaugen, Schwanzbeißen sowie Fellfressen. Auch kann es zu Kannibalismus kommen, da die normalerweise als Einzelgänger lebenden Füchse und Nerze oft mit Artgenossen zusammengesperrt werden, was zu extremem Unwohlsein und Aggression führt.

Traditionell sind Pelztierfarmen vor allem in Ländern entstanden, in denen eine große Fisch- und Fleischindustrie zur Nahrungsmittelerzeugung existiert, aus deren Abfällen billiges Pelztierfutter hergestellt wird. Dieser Futterbrei wird täglich auf das Käfigdach geklatscht oder in dreckigen Schalen „serviert“ und von den Gefangenen aufgeleckt. Artgerechte Ernährung sieht anders aus.

Grausame Tötung von Tierkindern

Nerze können bis zu 10, Füchse bis zu 12 Jahre alt werden. In Pelztierfarmen dürfen sie höchstens 8 Monate leben. Im Herbst und Winter, wenn das Fell besonders dicht und wärmend ist, werden die Jungtiere dann umgebracht. Um die wertvollen Pelze zu schonen, haben sich die Züchter verschiedene Tötungsmethoden ausgedacht, von denen der Kopfschuss noch die am wenigsten schreckliche ist. Sehr schmerzhaft ist dagegen die Stromvariante, bei der Elektroden in Maul und After gesteckt und tödlicher Strom in den Tierkörper geleitet wird. Am häufigsten ist jedoch das Vergasen zum Beispiel mit Kohlenstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid oder Chloroform. Vor allem Nerze, die gut tauchen und lange die Luft anhalten können, sollen in den Gasboxen bis zu 30 Minuten lang um ihr Leben kämpfen. Man hört und liest auch immer wieder, dass Tiere diese Tortur überleben und trotzdem mit dem Häuten begonnen wird. Der Körper wird anschließend achtlos weggeworfen. Farmer nennen das Töten und Häuten zynisch „ernten“. Als würde es sich um das harmlose Pflücken eines Apfels handeln.

Extremzucht

Um mehr Pelz pro Tier zu erhalten, werden vor allem in Finnland sehr große Polarfüchse mit wulstigen Hautlappen gezüchtet. Diese zusätzlich dick gemästeten Riesenfüchse wiegen teilweise das fünffache ihrer Artgenossen. Ihr hohes Gewicht und die Hautwülste schränken die Beweglichkeit ein, belastet Knochen und Gelenke, die sich verformen können und starke Schmerzen verursachen.

Diesen extrem überzüchteten Polarfuchs (Blaufuchs) haben wir aus einer deutschen Privatzucht gerettet. Foto: © aktion tier, Ursula Bauer

Felle von Nutztieren

Etwa 35% der für Kleidung verwendeten Tierfelle sollen von Nutztieren stammen, die in der Regel zur Produktion von Fleisch, Milch oder Wolle gehalten werden. Wer jetzt denkt, dass es sinnvoll ist, die behaarte Haut nach der Schlachtung nicht wegzuwerfen, sondern zu konservieren und zu Kleidung zu verarbeiten, hat natürlich grundsätzlich recht. Die Häute von Schafen, Ziegen, Rindern und Kaninchen sind jedoch niemals Abfall gewesen, sondern gelten als tierische Nebenprodukte. Ihre Verarbeitung und Vermarktung als Leder oder Fell ist wirtschaftlich gesehen mindestens genauso rentabel wie das Fleisch.

Vor allem die Felle von Kaninchen und Schafen werden in der Kürschnerei zu Bekleidung, Accessoires und Wohntextilien verarbeitet.

Kaninchen

Das in der Pelzbranche als „Kanin“ bezeichnete Fell von Kaninchen ist weich und günstig. Es werden alle Arten von Bekleidung und Innenfutter daraus gefertigt sowie Besätze an Krägen und Kapuzen. Für einen mittellangen Mantel oder ein komplettes Innenfutter werden die Felle von 20 bis 30 Tieren verarbeitet.

Die zur Produktion von Fleisch in konventionellen Mastund Zuchtbetrieben gehaltenen Kaninchen müssen überall auf der Welt in einstreulosen Gitterkäfigen leben. Die Böden aus Maschendraht schneiden in die weichen Läufe, Hoppelsprünge oder ein Aufrichten ist in der drangvollen Enge meist nicht möglich, und es gibt keinerlei Versteck- oder Beschäftigungsmöglichkeiten.

Auch privat gezüchtete Rassekaninchen, deren Fell ebenfalls von Händlern oder Verarbeitern gekauft wird, dürfen nicht draußen auf der Wiese herumtollen, sondern werden traditionell in Ställe gesperrt, die aus neben- und übereinandergestapelten sogenannten Buchten bestehen. Wenn die sozialen Gruppentiere Glück haben, können sie mit einem Artgenossen das triste Leben fristen. Nicht artgerechte Einzelhaltung kommt jedoch auch häufig vor.

Außerdem werden vor allem in Fernost Kaninchen ausschließlich ihres Fells wegen vermehrt, nach ein paar Wochen getötet und gehäutet. Hier ist es also genau umgekehrt. Das Fell wird „geerntet“, der Rest ist Abfall. Auch die dortige Haltung in kleinen Gitterkäfigen orientiert sich allein am Profit und nicht am Tierwohl. Hinzu kommen das Gerben und Färben der Felle mit chemischen Stoffen, die für Mensch und Umwelt gefährlich sind.

Schaf

Hier muss berücksichtigt werden, dass vorrangig Lammfell zur Herstellung von Mänteln, Jacken, Futter von Schuhen und Handschuhen verwendet wird. Lämmer sind per Definition junge Schafe im ersten Lebensjahr. Zur Fleischproduktion ist es gängige Praxis, die Lämmer früh von den Müttern zu trennen, zu mästen und nach etwa 5 Monaten zu schlachten. Das meiste Bekleidungsfell stammt von diesen Mastlämmern, die eigentlich 10-20 Jahre alt werden könnten.

Den Kindern der Karakulschafe sind nicht einmal 5 Lebensmonate vergönnt. Nur die ganz jungen Lämmer besitzen ein besonderes, charakteristisch gelocktes Fell in schwarz, grau, braun oder goldfarben. Man tötet sie direkt nach der Geburt oder längstens nach ein paar Tagen. Besonders begehrt ist dieses als „Persianer“ bezeichnetes Lockenfell von zu früh geborenen Tieren, da es noch stärker verschlungen gelockt ist. Da Frühgeburten bei den zähen Steppenschafen nicht häufig vorkommen, soll es in manchen Gegenden üblich sein, diese künstlich einzuleiten.

Felle von Haustieren

In Ländern wie China, Thailand, Korea und Vietnam gibt es Menschen, die Hunde- und Katzenfleisch essen. Viele Millionen dieser Vierbeiner sollen allein in China jedes Jahr von Bauern oder Züchtern gekauft oder einfach eingefangen und zu den Märkten gebracht werden. Dort warten sie, in kleinen Käfigen zusammengepfercht, darauf, erschlagen oder stranguliert zu werden. Die nach der Tötung abgezogenen Felle werden in der Regel nicht weggeworfen, sondern zu sehr günstigem Pelz vor allem für Verzierungen und Besätze an Jacken, Kapuzen oder Mützen verarbeitet.

Meist ist die Billigkleidung mit Echtpelz überhaupt nicht gekennzeichnet. Falls doch, sind die in der Pelzbranche üblichen Bezeichnungen nicht allgemein bekannt. Hier ein paar Beispiele:

  • Gaewolf (Gae ist die koreanische Bezeichnung für Hund)
  • Goupee (ist die chinesische Bezeichnung für Hund)
  • Genotte, Genette oder Maopee steht für Hauskatze

Die Ein- und Ausfuhr von Hunde- und Katzenfellen in oder aus der EU sowie der Handel mit diesen Fellen innerhalb der EU ist bereits seit 2008 ausnahmslos verboten. Daher darf zum Beispiel ein vererbter Katzenfellmantel auch nicht zum Verkauf angeboten werden. Leider ist es für Behörden schwer, die Masse an Importkleidung zu kontrollieren, so dass regelmäßig große Mengen an Hunde- und Katzenfellen aus Asien nach Deutschland geschmuggelt werden, wo sie meist als Kunstfell verkauft werden.

In Pelz steckt nicht nur Tierleid

Intensivhaltung

Die Massentierhaltung in den Pelztierfarmen bringt neben dem Tierleid die gleichen ökologischen Probleme mit sich wie bei anderen Nutztieren. Sie beschleunigt unter anderem den Klimawandel und den Artenrückgang und verbraucht Unmengen an wertvollen Ressourcen. Außerdem zeigen die Ereignisse in 2020, als bei dänischen Farmnerzen eine auf den Menschen übertragbare Mutante des Coronavirus festgestellt wurde, sehr deutlich, welche großen gesundheitlichen Gefahren von der Massentierhaltung ausgehen.

Die Massentierhaltung ist auch für Mensch und Umwelt gefährlich. Foto: © aktion tier e.V.

Invasive Tierarten

Auf der ganzen Welt fliehen immer wieder Pelztiere aus Farmen oder aus kleinen, privaten Zuchten. Zum Teil werden sie auch von Tierschützern oder den Züchtern selbst freigelassen. So hatten zum Beispiel in England die Farmer nach dem Verbot der Pelztierzucht im Jahr 2003 einfach alle Käfige geöffnet. Man gönnte den entkommenen Tieren natürlich das Leben in Freiheit, aber manche Arten haben außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die biologische Vielfalt und werden daher als „invasiv“ bezeichnet. Invasive Arten können zum Beispiel heimische Tierarten verdrängen, da sie ihnen Nahrung und Lebensraum streitig machen, Krankheiten übertragen oder durch Kreuzung mit ihnen den Genpool verändern.

Zu den gebietsfremden, invasiven Tierarten, die aus Pelzfarmen stammen und hierzulande Lebensräume, Arten oder Ökosysteme verändern und beeinträchtigen können, zählen Waschbär, Marderhund und Amerikanischer Nerz (Mink). Die rasante Ausbreitung des Minks in Europa beispielweise hat mit dazu beigetragen, dass der hier heimische Europäische Nerz heute zu den am stärksten bedrohten Säugetieren zählt. In Deutschland gilt er bereits seit vielen Jahren als ausgestorben. Versuche zur Wiederansiedelung werden auch durch den größeren und stärkeren Konkurrenten erschwert, der die gleichen Lebensräume besiedelt und ein ähnliches Nahrungsspektrum hat.

Felle von geschützten Tieren

Der Hunger nach Pelz trägt zum globalen Artensterben bei, denn es werden nicht nur Felle von häufig vorkommenden Tierarten verarbeitet. Es gelangen auch zahlreiche wildgefangene Pelztiere in den Handel, die nur noch selten vorkommen und daher gemäß dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützt sind. Streng verboten ist der Handel mit Fellen von Arten, die vom Aussterben bedroht sind wie beispielsweise Mönchsrobbe, Leopard, Ozelot und Seeotter. Andere wie Rotluchs, Serval oder Afghanischer Fuchs dürfen nur mit Herkunftsnachweis sowie besonderen Genehmungsland eingeführt werden.

Dessen ungeachtet werden die Felle oder auch Kleidung und Pelzprodukte von geschützten Tierarten geschmuggelt und verkauft. Oft an arglose Kunden. Wilderer und illegale Händler arbeiten dabei Hand in Hand, und die Kontrollbehörden kommen auch in Europa mit seinen offenen Grenzen nicht hinterher.

ACHTUNG: Auch die private Mitnahme von Souvenirs aus Fell oder Pelz gilt als „Handel“.

Da kaum ein Urlauber die rund 3.000 mit Handelsbeschränkungen belegten Tierarten kennt, sollte grundsätzlich nichts aus oder mit Tier mitgebracht werden. Wenn der Zoll bei der Einreise in die EU Produkte von streng geschützten Tierarten findet, drohen bis zu fünf Jahre Haft oder Geldbußen von bis zu 50.000 Euro.

Viel Chemie

Da zum Pelz oder Fell immer auch die Unterhaut gehört, muss diese haltbar gemacht werden. Wie beim Leder, der enthaarten Tierhaut, geschieht dies durch Gerbung. Vor allem in Asien, wo es kaum Vorschriften zu Tier-, Arbeits- und Umweltschutz gibt, werden hierbei unkontrolliert hochgiftige Chemikalien verwendet. Die verseuchten Abwässer landen dann meist ungeklärt in Flüssen und Seen. Bei der anschließenden Verarbeitung zu Kleidung werden dann weitere Säuren, Salze, Bleichmittel und Farbstoffe verwendet, die nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Arbeiter belasten.

Schließlich enthalten auch die fertigen Pelzprodukte oft nachweisbare, potenziell gesundheitsgefährdende Rückstände zum Beispiel von Chrom, Tensiden und Formaldehyd.

Keine Kennzeichnungspflicht

Traurig aber wahr – es gibt innerhalb der EU keine spezielle Deklarationspflicht für Produkte aus Pelz und Fell! Wie soll der Verbraucher also erkennen, dass der Bommel an der Mütze aus echtem Tierhaar ist? Nur Pelze vom Kürschner, der Tierfelle professionell zu Kleidung verarbeitet, sind in der Regel zertifiziert, haben einen Herkunftsnachweis und werden mit den Namen der verwendeten Tiere versehen. Allerdings sind die Bezeichnungen zwar im Fellhandel gebräuchlich, dem Normalverbraucher meist jedoch unbekannt. Oder wüssten Sie, dass „Murmansky“ für Marderhund, „Feh“ für Eichhörnchen und „Kojah“ für Amerikanischen Nerz steht?

Bei einem Großteil der Pelzwaren ist die Kennzeichnung jedoch, wenn überhaupt vorhanden, äußerst unbefriedigend. Gemäß der EU-Textilkennzeichnungsverordnung muss Kleidung, die Teile von Tieren enthält, mit dem Hinweis „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ gekennzeichnet sein. Diese äußerst vage Formulierung lässt Verbraucher völlig im Unklaren darüber, was neben Textilfasern enthalten ist. Handelt es sich um Fell, eine Füllung aus Daunen, eine Einfassung aus Leder oder Knöpfe aus Perlmutt? Noch kurioser ist die Tatsache, dass dieser Hinweis nur an Produkten angebracht werden muss, die zu 80-100% aus Textilfasern bestehen. Ein großer Pelzmantel mit einem Futter aus Stoff muss also überhaupt nicht gekennzeichnet sein, da das textile Innenfutter nur 50% des Kleidungsstücks ausmacht.

Sinnvoll wäre ein verpflichtendes Etikett mit dem Hinweis, dass es sich um Echtpelz handelt, ergänzt durch das Herkunftsland und den zoologischen Namen der Tierart. Ob das Tier gejagt oder in einer Farm im Gitterkäfig gezüchtet wurde, ist ebenfalls wichtig. Wünschenswert wären außerdem Angaben zu den verwendeten Konservierungsmitteln, Gerb- und Farbstoffen sowie Chemikalien zum Schutz vor Schadinsekten, Bakterien und Pilzen. Damit sich Verbraucher der potenziellen Gefahr bewusst sind und eine verantwortliche Kaufentscheidung treffen können.

Verrückt! Auf diesem Pelzmantel mit Textilfutter muss nicht einmal vermerkt sein, dass er Teile von Tieren enthält. Foto: © aktion tier e.V.

Das geht in der Schweiz

Die Eidgenossen haben bereits seit 2013 eine komplexe Deklarationspflicht für alle Pelzund Pelzprodukte, die im Land verkauft werden. Neben dem Namen (auch dem wissenschaftlichen) der Tierart, müssen Herkunft und Art der Gewinnung (Jagd, Fallenfang, Farmhaltung im Käfig) gut sichtbar an der Ware angebracht sein.

Kunstpelz – eine Alternative?

Hochwertiger Kunstpelz ist heutzutage weich und elastisch und sieht oft erstaunlich echt aus. Fast alle namhaften Designer verwenden das sogenannte „Fake Fur“ oder „Faux“ für ihre Kreationen. Aber: Die meisten Webpelze bestehen vor allem aus synthetischen Fasern aus Erdöl oder Erdgas wie Polyester und Polyacryl, verbrauchen also nicht-erneuerbare Energien. Bei der aufwendigen Herstellung von Kunstpelzen entstehen umweltschädliche Treibhausgase, und die Produkte verrotten nicht, sondern belasten als Mikro- oder Nanoplastik dauerhaft unsere Erde.

Auch besteht die Gefahr, dass es sich bei Krägen, Mützen und Bommeln an Billigkleidung aus Fernost um Echtpelz handelt. Dort sind die in unvorstellbaren Massen produzierten Tierfelle derart billig, dass Händler sie gerne kaufen, in Niedriglohnländern vernähen lassen und nach Deutschland exportieren. Die meisten Kunden können sich nicht vorstellen, dass bei Klamotten für wenige Euro Echtpelz verwendet wurde. Doch leider trifft das zu!

Die typischen Unterscheidungsmerkmale zwischen echtem und künstlichem Pelz sind inzwischen allgemein bekannt. Beim Anbrennen riecht Tierhaar nach Horn und Kunsthaar nach Plastik, außerdem besitzt ein Tierfell an der Wurzel Leder statt Textilgewebe. Aber es geht nicht darum, Tierfell zu erkennen, sondern um die eigene Haltung. Wer Echtpelz nicht gut findet, sollte auch kein Imitat tragen!

Tierfreundlicher Pelz?

Es gibt Marken, die damit werben, dass ihr Pelz aus zertifizierten Farmen stammt, die regelmäßig kontrolliert werden sowie eine Reihe von Labels, die gute Haltungsbedingungen garantieren wollen. Auch Mode aus den Fellen von angeblich überfahrenen Füchsen, Waschbären und Hirschen wird angeboten.

Wir finden, dass es keinen ethisch einwandfreien Pelz von glücklichen Tieren gibt. All diese Lebewesen sind einen vorzeitigen, unnatürlichen Tod gestorben, den Menschen bewusst oder unbewusst zu verantworten haben. Außerdem ist jeder Pelz Werbung für noch mehr Pelz. Überfahrene Tiere können die Nachfrage niemals decken. Das machen dann die Millionen Tiere aus grausamer Farmhaltung.

Brauchen wir Pelz?

Heute hat Fell- und Pelzkleidung, außer vielleicht bei einigen indigenen Völkern wie den Inuit keine funktionale Bedeutung mehr. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von modernen Textilien, die absolut wasserdicht sind und genauso gut warmhalten. In Ländern wie Russland, China oder Skandinavien ist Pelz Bestandteil von traditioneller Kleidung und zählt nach wie vor als Statussymbol. Genauso wie in den gutbetuchten Kreisen der High-Society. Der Mehrheit der Pelzträger in Europa und vielen anderen Ländern geht es jedoch allein um den modischen Aspekt. Was gerade in ist, wird gekauft. Derzeit sind es vor allem überdimensionierte Krägen, Bommeln an Mützen und kleine pelzige Accessoires wie Anhänger.

Weder brauchen wir Pelzkleidung, um uns zu wärmen, noch essen wir das Fleisch der Tiere. Es gibt also keinen vernünftigen Grund und keine Rechtfertigung für das Leiden und Töten von Pelztieren!

Unsere Empfehlung – Totalverzicht!

Das Ende der europäischen Pelztierzucht ist absehbar. In Polen sollen zwar immer noch fünf bis sechs Millionen Nerze in hunderten Zuchtbetrieben leiden, in zahlreichen Mitgliedsländern wie Österreich, Kroatien, Serbien, Bosnien und den Niederlanden bestehen jedoch bereits Farmverbote oder werden in einigen Jahren wirksam. In Deutschland wurden anstelle eines konsequenten Verbots lediglich die Anforderungen an die Haltung verschärft, was jedoch erfreulicherweise dazu geführt hat, dass die letzte Farm im Frühjahr 2019 ihren Betrieb einstellte.

Fällt Europa als Produzent weg, ist das Leiden der Tiere jedoch nicht beendet, denn Nachschub wird in Skandinavien, Amerika, Russland und immer mehr in Asien produziert. Solange Pelzartikel nachgefragt werden, müssen Tiere dafür sterben. Ein globales Verbot der Pelztierhaltung und -jagd ist äußerst unwahrscheinlich, daher können nur wir als Verbraucher durch konsequenten Verzicht das sinnlose Töten beenden.

Daher unsere Bitte:

  • Kaufen Sie keine Produkte mit Fell oder Pelz!
  • Tragen Sie keinen alten Pelz auf!
  • Kaufen Sie keinen Kunstpelz – es könnte ein echter sein!
  • Bitte kaufen und tragen Sie nach Möglichkeit auch kein Leder mehr. Schließlich handelt es sich um Tierhaut, bei der lediglich die Haare entfernt wurden. Das Tierleid ist bei Leder und Pelz identisch. Wer Pelz ablehnt, sollte konsequenterweise auch auf Leder verzichten.

Im Grunde spielt es keine Rolle, ob der natürliche und einzig legitime Pelzträger gejagt wurde, in einer Pelzfarm gezüchtet oder auf der Straße ums Leben kam. Pelz oder Fell in der Öffentlichkeit zu tragen, kann bei anderen Menschen Begehrlichkeiten oder einfach den modischen Nachahmungstrieb wecken.

Helfen Sie mit, dass wir Tierfelle und Pelz aus den Augen verlieren, und verzichten Sie bitte auf alles, was „fellig“ aussieht!

Dipl. Biologin Ursula Bauer

Geschäftsstelle Berlin

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