Es handelt sich um Hochleistungs- Legehybriden, die in intensiven Haltungssystemen mit bis zu 6.000 Artgenossen vorrangig in Bodenhaltung ohne Auslauf im Freien leben. Aufgrund ihrer abnormen Legeleistung von rund 300 Eiern pro Jahr sind sie nach dem ersten Legejahr so geschwächt, dass ihre Produktivität stark zurückgeht, weshalb sie ausgemustert und geschlachtet werden. Der Hennenretter- Verein holt solche Tiere regelmäßig bei Eierproduzenten ab und vermittelt sie an Tierheime oder Privatpersonen. An derartige Aktionen kommt mir manches fragwürdig vor.
Legehennen vor dem Schlachter retten – edle Tat … oder?
„Absolut dringend: Hühner aus Schlachtung gerettet. Wer hat Platz? Bitte helft uns, dass wir keine der armen Seelen zurücklassen müssen“. Mit derartigen Aufrufen sucht ein Verein in Deutschland Pflegestellen für Legehennen.

Warum kommen die Täter ungeschoren davon?
Auf der Homepage des Vereines finden sich zahlreiche Filme und Fotos der abgeholten Hennen. Diese als Opfer bezeichneten Tiere finden sich in einem teilweise lebensbedrohlichen Zustand. Über die Landwirte, die Täter, wird jedoch nur sehr wage und überraschenderweise sehr verständnisvoll berichtet. So als wären diese selbst Opfer eines defizitären Systems. Dabei hat niemand sie gezwungen, Massen von Legehennen zur Eierproduktion zu halten. Und jeder Tierhalter, egal ob Privatperson oder Landwirt, ist für das Wohlergehen seiner Schützlinge verantwortlich.
Die Eierbauern werden jedoch von den Hühnerrettern weder angeprangert noch angezeigt, obwohl das Bildmaterial eklatante Verstöße gegen Tierschutzvorschriften abbildet. So kommen die Täter ungeschoren davon und machen immer weiter – womöglich auch noch mit dem guten Gefühl, den gequälten Tieren eine erfreuliche Zukunft ermöglicht zu haben.
Wird hier mit Tierquälern kooperiert, um immer wieder ausgediente Legehennen abholen zu dürfen?
Vom Regen in die Traufe?
Auch bezüglich der Pflegestellen bin ich misstrauisch. So ist die private Hühnerhaltung zwar grundsätzlich und ohne behördliche Genehmigung erlaubt aber dennoch mit Verpflichtungen und Voraussetzungen verbunden.
Werden diese, im Kasten am Ende des Artikels aufgezählten Anforderungen nicht erfüllt, ist die Hühnerrettung mißlungen. Nach eigenen Angaben übernimmt und vermittelt der Verein jährlich 12.000 Hennen. Rechnet man, wie empfohlen, mit maximal 20 Hennen pro Hobbyhaltung, wären 600 Pflegestellen erforderlich. Bei aktion tier werden bei Adoptionen zum Beispiel aus dem Tierheim Vorkontrollen und später stichpunkthafte Nachkontrollen durchgeführt, um eine gute Haltung dauerhaft zu gewährleisten. Auch muss gewährleistet sein, dass vermittelte Tier zurückgenommen werden können, falls sich das neue Zuhause als unzureichend erweist oder plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht. Wie die Hühnerretter das alles schaffen wollen, ist mir ein Rätsel. Von Vorkontrollen ist auf der Website keine Rede und Kontrollbesuche finden nur statt, wenn dauerhaft Zweifel am Wohlergehen der Hühner bestehen.
Hühner im Tierheim?
Dass Tierheime, die, glaubt man den Medien, jahrein jahraus heillos überfüllt sind, auch noch Legehybriden aufnehmen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich würde mir gerne einmal ansehen, wie dort eine artgerechte Geflügelhaltung funktionieren soll. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass Nutztiere wie Hühner in einem konventionellen Tierheim erlaubt sind, da die Betriebsgenehmigungen dieser Einrichtungen in der Regel nur Haustiere beinhalten.
Was ändert sich durch solche Aktionen?
Die geretteten Hühner haben wirklich „Schwein gehabt“. Sie werden nun endlich tierärztlich versorgt und können die verbleibende Lebenszeit in einer hoffentlich besseren Haltung mit Freilauf verbringen. Darüber hinaus ändern diese Übernahmen „aus Schlachtungen“ jedoch wenig. Weder reduzieren sich dadurch die tierquälerischen Massentierhaltungen noch wird eine einzige Hochleistungs-Hybridhenne weniger im Labor gezüchtet.
Natürlich ist es schön, Tiere in desolatem Zustand zu retten und dabei zuzusehen, wie sie sich in unserer Obhut verändern, gesunden und Lebensfreude zurückgewinnen. Wie bei Hunden „aus der Tötung“ kann man auch bei Hühnern „aus der Schlachtung“ jeden Tag stolz auf sich sein, eine „arme Seele“ gerettet zu haben. Aber ist das auch wirklich sinnvoll und vor allem nachhaltig?
Was könnte alles „aus der Schlachtung“ gerettet werden?
Derzeit werden in Deutschland jeden Tag mehr als 2 Millionen Nutztiere geschlachtet. Darunter 91.000 Puten, 142.000 Schweine und 1,7 Millionen Hühner. Tag für Tag. Die knapp 33 Hennen, die der Hühnerretter- Verein täglich aufnimmt (12.000/Jahr) wirken angesichts dieser Zahlen fast lächerlich. Sämtliche Schlachttiere wären über ein Weiterleben glücklich. Niemand kann alle retten und niemand kann die Ursache, den Fleisch- und Eierkonsum, abschaffen. Daher müssen wir dafür sorgen, dass Tiere, die für unsere Ernährung leben und sterben, auf die bestmögliche Art und Weise gehalten und ohne Streß schmerzfrei getötet werden!
Mein Fazit
Durch die Rettung von Legehennen vor dem Schlachthof werden keine Ursachen bekämpft und keine Missstände abgeschafft, sondern lediglich verwaltet. Würde der Hühnerretter-Verein stattdessen gesammelte Spenden beispielsweise in die juristische Verfolgung der verantwortlichen Landwirte, in den Kampf um bessere Tierschutzvorschriften und in die Überzeugungsarbeit bei Verbrauchern investieren, könnten meines Erachtens sehr viel mehr erreicht werden. Auch das Thema Hybridhennen halte ich für enorm wichtig.
Produktion von Hybridhennen stoppen!
Bei den genetisch auf höchste Legeleistung gezüchteten Hybridhühnern ist das Leiden vorprogrammiert. Ihre Lebenserwartung ist niedrig, etwa 10% der Tiere sterben bereits im ersten Jahr. Das permanente Eierlegen zehrt aus, Erkrankungen an den Legeorganen und Osteoporose kommen häufig dazu. Trotzdem werden diese Qualzuchten europaweit am meisten gehalten.
Allen voran die braunen und weißen Hybriden der Lohmann Breeders GmbH. Da Hybridhühner nicht selbst nachgezüchtet werden können, müssen Eierproduzenten permanent junge Hennen bei Lohmann nachkaufen. Der Verzicht auf diese Kunsthennen würde erhebliches Tierleid verhindern, bevor es entsteht! Außerdem würde dadurch die weitere Monopolisierung der Lohmann Breeders GmbH verhindert werden, die mit zunehmender Abhängigkeit der Eierbauern die Preise nach Gutdünken vorgeben kann. Doch was ist die Alternative zum Hybridhuhn? Moderne, robuste Zweinutzungs- Hühnerrassen, bei denen die Hennen eine gute Legeleistung aufweisen und das Fleisch von beiden Geschlechtern rentabel vermarktet werden kann!
Statt „Rettet das (Hybrid) Huhn“-
„Rettet das Rassehuhn“!
Hybridhennen sind keine Rassehühner, sondern durch Kreuzung von Inzucht- Linien entstanden. Sie können nicht aussterben, Hühnerrassen dagegen schon. Zweinutzungs- Hühnerrassen, die sowohl Eier als auch Fleisch liefern, bildeten die Grundlage für die Hybridzucht, wurden jedoch zunehmend durch die Hochleistungstiere ersetzt und finden sich heute fast nur noch in Hobbyhaltungen. Laut Roter Liste gefährdeter Nutztierrassen in Deutschland gelten 6 Hühnerrassen als extrem gefährdet, 18 als stark gefährdet und 11 als gefährdet. Der Bestand von 26 weiteren Rassen steht unter Beobachtung. Beim vom Aussterben bedrohten, heimischen Houdan-Huhn beispielsweise gab es bereits 2016 deutschlandweit nur noch 15 Züchter und 162 Zuchttiere.
Wenn alle Menschen, die erschöpfte Legehybriden übernehmen, in Zukunft gefährdete deutsche Rassehühner halten und sorgfältig weiterzüchten würden, könnten sie wirkungsvoll dabei helfen, unsere bunte Hühnervielfalt und damit ein Stück deutsche Kultur sowie den Genpool für die künftige Hühnerzucht zu erhalten.
Verschiedene Hühnerrassen bedeuten bunte Vielfalt, Hybridhühner dagegen öde Gleichheit.
Es muss nicht einmal eine Erhaltungszucht sein. Schon die Pflege einer traditionellen Zweinutzungsrasse wie `Deutsche Sperber`, `Brakel` oder `Lakenfelder` wäre ein großer Beitrag. Heimische Zwiehühner sind meist langlebig, widerstandsfähig, gesund und, je nach Rasse, an die klimatischen und geografischen Bedingungen ihrer Ursprungsregionen angepasst. Sie suchen einen Teil ihres Futters selbst, haben gute Fluchtinstinkte, sind zutraulich und ausgeglichen. Verhaltensstörungen wie Federpicken treten selten auf. Je nach Rasse legen sie bis zu 200 Eier jährlich, und beide Geschlechter liefern Fleisch. Das alles sind wertvolle Eigenschaften, die bewahrt werden müssen.
Die Wildtier- und Artenschutzstation in Sachsenhagen hat die Zeichen der Zeit verstanden und betreibt seit Jahren eine Erhaltungszucht mit Lakenfelder Hühnern. Diese Landhuhnrasse gibt es seit über 150 Jahren in Deutschland. Ihr Bestand ist inzwischen rückläufig und steht unter Beobachtung.
Um moderne, leistungsstarke Zweinutzungsrassen zu züchten, die zum Beispiel mit den sich verändernden Klimabedingungen sowie neuen, hitzeresistenten und hinsichtlich Wasser und Dünger anspruchslosen Futtersorten zurechtkommen, benötigen wir traditionelle Hühnerrassen, die ihr gutes Erbgut einbringen können. Die züchterische Weiterentwicklung alter Rassen wird bereits heute ausprobiert und ist vor allem für die ökologische Hühnerhaltung wichtig, die in Zukunft hoffentlich dominieren wird. Aktuell werden im Biosektor aufgrund fehlender Alternativen vorrangig Hybridhühner gehalten. Diese brauchen spezielles Hochleistungs- Kraftfutter, welches im Öko-Landbau jedoch verboten ist. In der Folge leiden die Tiere an Mangelerscheinungen. Legehybriden sind auch viel zu empfindlich, um sie zum Beispiel in höheren Lagen und rauem Klima im Freiland zu halten. Sie sind für ein Leben im Stall geschaffen worden und nicht für eine tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft der Zukunft geeignet.
Damit die Hobby- Hühnerhaltung klappt:
- Sachkunde und Beachtung der Vorgaben des Tierschutzgesetzes;
- Gemäß diversen Gerichtsurteilen werden maximal 20 Hühner in Wohn- und Mischgebieten als Obergrenze des Zumutbaren für die Nachbarn angesehen;
- Mindestens 10qm Freilauf pro Huhn;
- Mieter müssen Besitzer um Erlaubnis fragen;
- Hausbesitzer sollten mit Nachbarn sprechen, Beschwerden können zu einem Halteverbot führen;
- Sicherer, artgerecht ausgestatteter Stall, der auch bei Stallpflicht (z.B. Vogelgrippe) groß genug ist;
- Bei Neubau des Stalles müssen Vorgaben des öffentlichen Baurechts beachtet werden;
- Vor Anschaffung Anmeldung beim Veterinäramt;
- Vor Anschaffung Registrierung bei der Tierseuchenkasse;
- Führung eines Bestandsbuchs;
- Regelmäßige Impfung gegen das Newcastle- Virus;
Info-Flyer zum Herunterladen
Hier können Sie den Flyer zu unserer Tierschutzkampagne „Hühner-Eier: Durch bewussten Konsum Tierleid verhindern!“ herunterladen. Möchten Sie die gedruckte Version? Diese können Sie in unserem Shop unter https://shop.aktiontier.org/print/ kostenlos bestellen.
aktion tier Kampagne: Hühner-Eier: Durch bewussten Konsum Tierleid verhindern!
Die meisten Menschen in Deutschland konsumieren regelmäßig Hühnereier – 2023 lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 236 Eiern. Millionen Legehennen leiden für diesen Konsum. Doch unser Verhalten kann das ändern. Wir zeigen Ihnen, wie.